Trübe Aussichten: Überstunden, keine Tarife und wenig Personal
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Fachausschüsse Betriebsratsarbeit und Tageszeitungen beschäftigen sich mit der aktuellen Lage

in den Verlagen

Von Christoph Holbein



 

Die Situation ist alles andere als rosig: Die Esslinger Zeitung wird von der Stuttgarter Zeitung übernommen, beim Mannheimer Morgen haben die Eigentümer-Familien einen Zugriff der Medien-Union von Dieter Schaub  gerade noch abgewehrt, die Fränkischen Nachrichten sind weiterhin tariflos und deren Geschäftsführung betont, nicht wieder zurück in den Tarif zu kehren. Die Gewerkschaften wollen aber dran bleiben und noch einmal zu einem Gespräch bitten, steht doch die Tarifkommission mit dem klaren Ziel: zurück in den Tarif. Es gab also genügend Gesprächsstoff bei der gemeinsamen Sitzung der beiden Fachausschüsse Betriebsratsarbeit und Tageszeitungen beim Blick auf die aktuelle Lage in den Betrieben.

Dabei scheint landauf, landab die Strategie die gleiche zu sein – so etwa bei der Pforzheimer Zeitung – neues Personal untertariflich einzustellen. Und die Angst, den Job zu verlieren, geht um. Das wirkt sich auch auf die Arbeit der Betriebsräte aus: Nicht wenige Mitarbeiter scheuen den Weg, den Betriebsrat einzuschalten, um ihre Interessen zu vertreten. Das frustet. Initiativen, die Arbeitszeit zu erfassen, laufen ins Leere. Der Schulterschluss werde immer geringer, heißt es aus Betriebsratskreisen, was sogar zur resignierten Aussage führt: „Im Prinzip kannst Du den Betriebsrat auflösen.“



 

Gerade die Arbeitszeit stellt ein massives Problem dar. So haben die Südwestpresse und Partnerverlage ein neues Redaktionssystem und Layout, deshalb viele Überstunden, die kaum abzubauen sind. In dem Zusammenhang hat die MSG, eine Tochter der Südwestpresse, über eine Zeiterfassung nachgedacht, dem wurde von Ulm ein Riegel vorgeschoben.  Damit ist das Projekt vom Tisch. Überstunden werden nun nicht abgebaut.


 


Derweil scheint die Schwäbische Zeitung zu expandieren. Die Indizien sprechen dafür, dass sie den Gemeindeblatt-Verlag Wagner gekauft hat, wenn das auch nicht öffentlich publiziert wird, außerdem soll die Zeitung sich ein Anzeigenblatt einverleibt haben. Während dort die Redaktionen mittlerweile ausgepresst sind, geht die Geschäftsführung jetzt anscheinend an den administrativen Sektor ran, um dort etwa bei den Sekretärinnen einzusparen.


 

Während es Erfreuliches vom Böblinger Bote zu berichten gibt, dass es nach zähen Verhandlungen nun doch zum Abschluss eines Haustarifvertrags gekommen ist, verweigert die Geschäftsführung der Schwarzwälder Bote Redaktionsgesellschaft weiterhin, den nichttarifierten Beschäftigten den Arbeitgeberanteil an der Alterversorgung im Rahmen der Presseversorgung zu zahlen. Im Vergleich dazu existiert bei den Fränkischen Nachrichten eine Betriebsvereinbarung zum Thema Presseversorgung, die regelt, dass alle Mitarbeiter eintreten dürfen, gleichzeitig der Verlag das, was er bei den Sozialleistungen spart, wieder an die Mitarbeiter in die Altersversorgung weitergibt.


Die künftige Ausrichtung der Tarifpolitik im DJV war ein weiteres Thema, mit dem sich die beiden Ausschüsse auseinandersetzten – Stichwort: Regionalisierung. Dabei wurde deutlich, dass die Fachausschüsse mehrheitlich Verfechter eines regionalen Modells sind, wenn aber auch gleichzeitig Stimmen zu hören waren, dass die Fläche ein hohes Gut sei. Das Thema wird die beiden Ausschüsse weiter beschäftigen. Gerhard Reischmann legte dazu ein Thesenpapier zur Tarifpolitik als Impuls vor mit der Bitte, das in den verschiedenen zuständigen Gremien zu diskutieren. Zudem gaben sich die beiden Fachausschüsse den Arbeitsauftrag, mit Verdi ins Gespräch zu kommen und abzuchecken, wie dort die Vorstellungen sind hinsichtlich eines regionalen Tarifabschlusses.


 

Einen weiteren Antrag stellte Gerd Lache: Er will das Thema Freelancer und Pauschalisten aufgreifen und dabei mit dem Fachausschuss Freie kooperieren, um gemeinsam die Situation der Freien zu beschreiben und deren Probleme anzugehen. Entsprechende Fühler zum Freien-Ausschuss wurden dann auch bereits ausgestreckt.

In Sachen Kampagnen in den OT-Betrieben und Ausloten von Möglichkeiten für Haustarifverhandlungen wollen die beiden Fachausschüsse entlang einer Adressenliste mit den Betriebsräten Kontakt aufnehmen, um – so ein Vorschlag von Diana Seufert – gemeinsame Treffen mit den Betriebsratsvorsitzenden aus Baden-Württemberg zu organisieren, regional oder auch landesweit, eventuell auch mit Verdi zusammen. Bei solchen Zusammenkünften ließe sich auch der Themenbereich Ausbildungstarifvertrag und Situation der Volontäre in den Betrieben ansprechen. Auf diesem Sektor der Ausbildung möchten die beiden Fachausschüsse mit dem Fachausschuss Junge kooperieren, auch dorthin ist schon eine Anfrage geschickt.


 

Derzeit kein akutes Thema stellt der Bereich Home-Office dar. Und auch der „Roboter-Journalismus“ scheint momentan in Baden-Württemberg kein Thema zu sein.


 

Zum Abschluss der gemeinsamen Sitzung der zwei Fachausschüsse Betriebsratsarbeit und Tageszeitungen besprachen die Mitglieder die künftige Ausrichtung der Arbeit der beiden Gremien: Sitzungen, Telefonkonferenzen, Skype-Konferenzen. Gerd Lache wird sich nach den technischen Möglichkeiten bei Skype erkundigen. Telefonkonferenzen werden befürwortet. Insgesamt sprechen sich die Mitglieder für eine Mischung aus allen Möglichkeiten aus. Die nächste Zusammenkunft soll noch einmal eine Präsenzsitzung sein, um im Frühjahr das weitere Vorgehen zu besprechen.


Für diesen Termin wird es eine Doodle-Abfrage geben, gedacht ist an einen Samstag im Februar
von 11 bis 14 Uhr in der DJV-Geschäftsstelle im Herdweg in Stuttgart.