Bessere Arbeitsbedingungen: Die Verleger sind gefordert

DJV Baden-Württemberg fordert den BDZV auf:

Ende der Tarifflucht und neue Konzepte für den Journalismus.

 

Stuttgart, 17.09.2017. Zeitungsverlage flüchten aus dem Tarif und lagern ihre Redaktionen in nicht tarifgebundene Gesellschaften aus; Volontäre werden als billige Arbeitskräfte missbraucht, statt sie nach dem neuen Ausbildungstarifvertrag fundiert auszubilden; immer mehr Arbeit wird auf immer weniger Schultern verteilt. Die Liste der Probleme bei den Zeitungsjournalisten ist lang.

Reichlich Themen für die Teilnehmer am Zeitungskongress des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), der am 18. und 19. September in Stuttgart über die Bühne geht. Gesponsert von der Südwestdeutschen Medienholding (SWMH), dem zweitgrößten Zeitungsverlag in der Bundesrepublik. „An Lippenbekenntnissen zur Bedeutung von Presse- und Meinungsfreiheit wird es angesichts der Dichte an Gästen aus Politik, Wirtschaft und natürlich Verlagen nicht mangeln. Doch die Realität spricht eine andere Sprache: Die Wirtschaftsmeldungen zu Übernahmen von Verlagen und die Bildung von Zentralredaktionen mit insgesamt weniger Redakteuren nehmen bedenklich zu“, sagt die DJV-Landesvorsitzende Dagmar Lange.

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) Baden-Württemberg benennt viele Themen und Fragen, die beantwortet werden müssen: So sieht der DJV die Pressevielfalt in Gefahr, besonders im Lokalen. Es sind neue, auch finanzielle Konzepte und Modelle für den Lokaljournalismus gefordert. Weiterhin die Redaktionen personell auszudünnen oder gar zu schließen, ist keine Lösung, um Qualitätsjournalismus zu erhalten. Dazu gehört auch eine anständige Bezahlung der Beschäftigten. Stattdessen umgehen die Verleger Tarife, setzen auf einen Sparkurs und halten nicht die allgemeinen Vergütungsregeln ein, die es freien Journalisten ermöglichen sollen, angemessen für ihre Arbeit honoriert zu werden. Gleichzeitig fällt in den Redaktionen immer mehr Arbeit an. Doch beim Thema Arbeitszeit stellen sich die Verleger taub. Der DJV fordert deshalb eine Arbeitszeiterfassung in allen Betrieben und eine Vergütung der mehr geleisteten Arbeit zumindest in Form von Freizeitausgleich.

„Es darf keine Tarifflucht mehr geben“, unterstreicht Dagmar Lange. Leiharbeit und Scheinselbstständigkeit sind weitere große Probleme in der Branche. Hier ist der BDZV aufgerufen, für angemessene Bedingungen zu sorgen, um so die Arbeit und die Leistungen der Beschäftigten wertzuschätzen. Das heißt konkret, in der nächsten Gehaltstarifrunde nicht wieder den Rotstift anzusetzen. Denn seit mehr als 17 Jahren verzeichnen die Redakteurinnen und Redakteure keinen absoluten Gehaltszuwachs mehr. Da der Zeitungsjournalismus dringend qualifizierten Nachwuchs braucht, müssen auch Volontäre anständig bezahlt werden. Doch deren Vergütung liegt oft deutlich unter dem Mindestlohn.

Deshalb appelliert der DJV an die Verleger, gemeinsam mit den Redakteurinnen und Redakteuren ein neues Berufsbild und tragfähige Geschäftsmodelle, die sich an den notwendigen Ressourcen für einen Qualitätsjournalismus orientieren, zu entwerfen, um so für die mediale Zukunft gerüstet zu sein. Das umschließt auch die Mitbestimmung in den Betrieben, die nicht selten von den Geschäftsführungen umgangen oder gar mit Füßen getreten wird. Zu den Forderungen des DJV gehört daher, den Tendenzschutz abzuschaffen, der diese Mitbestimmung in den Presseverlagen einschränkt. Zudem sieht es die Gewerkschaft als dringend notwendig an, dass es Mitbestimmungsrechte auch für arbeitnehmerähnliche Personen gibt.

Angesichts immer noch guter Bilanzen in den Verlagen gibt es eine Menge zu tun, um bessere Arbeitsbedingungen zu erreichen. „Würden die Verleger ehrlich und offen diese Fragen bei ihrem Zeitungskongress und mit den redaktionellen Mitarbeitern diskutieren und die Erkenntnisse im redaktionellen Arbeitsalltag umsetzen, wären wir einen wesentlichen Schritt weiter, um qualitätsvollen Journalismus zu erhalten“, so Lange.