Rechtstipp 01/2023 – von Astrid Braun

Kann eine Betriebsratswahl, die nicht zum regelmäßigen Zeitpunkt stattgefunden hat, nachgeholt werden?

 

Nach der Wahl ist bekanntlich vor der Wahl. Die Zeit vergeht wie im Fluge, der Betriebsrat ist wieder seit mehr als 3,5 Jahren im Amt und so langsam steht die Uhr auf Wiederwahl. Gemäß § 13 Abs.1 S.1 BetrVG finden die regelmäßigen Betriebsratswahlen alle vier Jahre in der Zeit vom 01. März bis 31. Mai statt.

 

Spätestens zehn Wochen vor Ablauf seiner Amtszeit muss der Betriebsrat einen Wahlvorstand bestellen, welcher die Wiederwahl unverzüglich einzuleiten und durchzuführen hat.

 

So viel schon einmal zur Theorie. Jetzt kann es aber vorkommen, dass genau in diesem gesetzlich vorgegebenen Zeitfenster aus diversen Gründen (beispielsweise aufgrund von Krankheitsausfällen) nicht die Möglichkeit bestand eine Wiederwahl durchzuführen. Aber was ist dann zu tun?

Außerhalb des regelmäßigen Wahlzeitraums können nur in den gemäß § 13 Abs.2 BetrVG abschließend aufgezählten Fällen Betriebsratswahlen stattfinden, wenn:

 

„1. mit Ablauf von 24 Monaten, vom Tage der Wahl an gerechnet, die Zahl der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer um die Hälfte, mindestens aber um fünfzig, gestiegen oder gesunken ist,

2. die Gesamtzahl der Betriebsratsmitglieder nach Eintreten sämtlicher Ersatzmitglieder unter die vorgeschriebene Zahl der Betriebsratsmitglieder gesunken ist,

3. der Betriebsrat mit der Mehrheit seiner Mitglieder seinen Rücktritt beschlossen hat,

4. die Betriebsratswahl mit Erfolg angefochten worden ist,

5. der Betriebsrat durch eine gerichtliche Entscheidung aufgelöst ist oder

6. im Betrieb ein Betriebsrat nicht besteht.“

 

Letzteres ist für unseren Fall nun interessant. Wenn nämlich eigentlich ein Betriebsrat bestand, aber die Wahl zum regelmäßigen Zeitpunkt nicht stattgefunden hat, steht der Betrieb in der Folge gänzlich ohne Betriebsrat da.

 

In diesem Fall endete nämlich die Amtszeit des ursprünglichen Betriebsrats gemäß § 21 S.3 BetrVG spätestens am 31. Mai des Jahres, in dem nach § 13 Abs.1 BetrVG die regelmäßigen Wahlen stattgefunden hätten. Auch die Mitgliedschaft im Betriebsrat ist gem. § 24 Nr.1 BetrVG wegen Ablaufs der Amtszeit erloschen. Und mit dem Ablauf der Amtszeit des Betriebsrats enden ebenso seine Befugnisse. Eine Fortführung der laufenden Geschäfte bis zur Neuwahl eines anderen Betriebsrats ist nicht zulässig (vgl. BAG 15.1.1974, 1 AZR 234/73).

 

So gehen Sie also nun weiter vor:

Da also, wie wir bereits festgestellt haben, kein Betriebsrat mehr besteht, kann gemäß § 13 Abs.2 Nr.6 BetrVG außerhalb des regelmäßigen Wahlzeitraums die Wahl zu Betriebsrat durchgeführt werden. Gem. § 17 Abs.3 BetrVG können drei wahlberechtigte Arbeitnehmer des Betriebs (oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft) alle Arbeitnehmer zu einer Betriebsversammlung einladen, auf der gem. § 17 Abs.2 BetrVG von der Mehrheit der anwesenden Arbeitnehmer ein neuer Wahlvorstand gewählt wird. Nach der Bestellung des Wahlvorstands geht es so weiter, wie wenn im Betrieb die regelmäßigen Betriebsratswahlen stattgefunden hätten.

 

 

Ein Rechtstipp ersetzt nicht die umfassende, rechtliche Beratung im Einzelfall. Mitglieder und solche, die es werden wollen, sind herzlich eingeladen bei weiteren Fragen zum Thema Betriebsratswahl oder anderen betriebsverfassungsrechtlichen Themen unsere Geschäftsstelle zu kontaktieren.