Rechtstipp April 2023: Was bedeutet eigentlich "angemessene Vergütung" für Freie?

Rechtstipp April 2023 – von Gregor Schwarz

 

„Freie Journalisten sind wie Nutten“ entfuhr es kürzlich am Telefon einem freiberuflich tätigen Kollegen, der sich über miese Honorare bei Verlagen ärgerte. Abgesehen von der Tatsache, dass natürlich „Sexarbeiter*innen“ der politisch korrekte Terminus gewesen wäre und die provokante Zuspitzung keine Beleidigung dieses Berufsstandes sein sollte, hat der Kollege aber einen Punkt: Freie bieten ihre Dienstleistung meist offen einer Vielzahl von „Freiern“ (wie Verlagen oder anderen Auftraggebern) an, die sie in manchen Fällen schlecht behandeln, und Preise bezahlen, die der Dienstleistung nicht annähernd angemessen sind. Aber was kann man dagegen tun?

 

Ähnlich wie im horizontalen Gewerbe ist der Preis für journalistische Leistungen reine Verhandlungssache. Viele Freie tun sich daher schwer damit, den Wert ihrer Leistungen realistisch einzuschätzen, und laufen Gefahr, sich deutlich unter Wert zu verkaufen. Oft spielt dabei auch die Sorge mit, dass jemand anderes die Leistung billiger anbieten könnte, leider auch eine Parallele zum Rotlichtmilieu. Oft werden wir daher danach gefragt, ob es denn nicht Richtlinien, Preiskataloge oder sogar Tarifverträge für freie journalistische Tätigkeiten gibt.  

 

Letzteres ist klar zu verneinen, denn freie Medienschaffende sind, wie der Name schon sagt, Freiberufler*innen, und somit immer selbstständig tätig, und nicht als Arbeitnehmer*innen. Das bedeutet auch, dass Tarifverträge für sie grundsätzlich keine Rechtskraft entfalten. Eine Ausnahme gilt nur für die „festen Freien“ bei Rundfunkanstalten oder vereinzelt noch bei Tageszeitungen, die laut § 12a TVG als „arbeitnehmerähnliche Personen“ auch von Tarifverträgen umfasst sein können.

 

Was es jedoch gibt (inzwischen muss man leider sagen „gab“), ist die „Honorartabelle für arbeitnehmerähnliche Journalistinnen und Journalisten an Tageszeitungen“ (Honorartabelle für Text- und Bildbeiträge). Diese Tabelle wurde seinerzeit von den Gewerkschaften und den Tageszeitungsverlagen als Richtschnur für Text- und Bildbeiträge an Tageszeitungen konzipiert, hat aber gleich mehrere Haken: Denn erstens ist auch sie rechtlich nicht bindend, zweitens gilt sie streng genommen nur für feste Freie, die es bei Tageszeitungen kaum noch gibt, und drittens ist sie nach Ende der Laufzeit im Jahr 2020 nicht mehr aktualisiert worden – mangels Interesse der Verlegerverbände an entsprechenden Verhandlungen.

 

Die gute Nachricht ist aber: Es gibt doch einen rechtlichen Hebel, wie Freie angemessene Honorare durchsetzen können.  Dieser lautet § 32 Urheberrechtsgesetz (UrhG) und trägt den schönen Titel „angemessene Vergütung“. Danach hat ein*e Urheber*in immer eine der Leistung angemessene Vergütung zu erhalten, wobei man natürlich trefflich darüber streiten kann, welche Höhe der Vergütung jeweils angemessen ist. Kommt es darüber zu einem Rechtsstreit, greifen Gerichte bei ihrer Entscheidung oft auf gemeinsame Vergütungsregeln zwischen Urheber*innen und „Vereinigungen von Werknutzern“ (siehe § 36 UrhG) zurück – hier also wiederum auf die oben erwähnte Honorartabelle.

 

Heißt konkret: Wer für seine Arbeit als freie*r Journalist*in ein Honorar erhält, das weit unter den Sätzen der Honorartabelle liegt, kann ein höheres Honorar geltend machen und ggf. auch einklagen, und das sogar auch rückwirkend. Mitglieder, für die dieser Weg infrage kommen könnte, können sich gerne an die DJV-Rechtsberatung wenden, denn ein solcher Schritt will gut überlegt sein.

 

Zum Schluss bleibt uns ein Appell, der wiederum auch auf der Straße gilt: Verkaufen Sie sich nicht unter Wert und wehren Sie sich, wenn man Sie nicht anständig behandelt!

 

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Honorartabelle TZ Text- und Bildbeiträge
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