In dieser Kategorie finden Sie aktuelle Rechtstipps unseres Geschäftsführers und Syndikusrechtsanwalts Gregor Schwarz, unserer Justiziarin und
Syndikusrechtsanwältin Astrid Braun (derzeit in Elternzeit) oder unserer neuen Justiziarin und Rechtsanwältin Dr. Vanessa Chong. Ab 2024 kommen die Rechtstipps nicht mehr im monatlichen
Turnus, sondern in regelmäßigen Abständen nach Bedarf. Infos dazu finden Sie jeweils auch auf unserer Social-Media-Kanälen (siehe Icons rechts).
Die Rechtstipps können natürlich keine individuelle Beratung ersetzen, die unsere Mitglieder über den DJV Rechtsschutz kostenlos erhalten. Infos
dazu hier
Rechtstipp Februar 2024 – von Dr. Vanessa Chong
„Denn das ist alles nur geklaut …“ – Was tun, wenn jemand meine Texte ungefragt verwendet?
Der Beitrag befasst sich mit der uns oftmals von Journalist*innen gestellten Frage, wie sie sich wehren können, wenn ihre Texte ungefragt verwendet werden.
So ging es beispielsweise zuletzt einem Verbandsmitglied, das seinen Artikel zufällig auf der Homepage eines Konkurrenten wieder entdeckte.
Grundsätzlich gilt: Urheberrechtlich geschützte Texte dürfen ohne Erlaubnis des Urhebers nicht kopiert werden. Der Irrglaube, dass etwas
anderes gelte, wenn die Quelle angegeben ist, ist weit verbreitet, aber schlichtweg falsch.
Aber welche Texte sind überhaupt urheberrechtlich geschützt?
Alle Texte, die vom Urheber geschaffen wurden, und die als „persönliche geistige Schöpfung“ bezeichnet werden können. Es
muss also ein Mensch den Text geschrieben haben und der Text muss einen vom Urheber stammenden Gedanken- oder Gefühlsinhalt haben, der auf den Leser unterhaltend, belehrend, erbauend oder
sonst wie anregend wirkt (vgl. Dreier/Schulze, UrhG, § 2 Rn. 12). Die Rechtsprechung legt hier keine hohen Maßstäbe an. Selbstverständlich muss dieses schöpferische Werk auch in
irgendeiner Weise zum Ausdruck kommen und wahrnehmbar sein, was bei einem niedergeschriebenen Text unproblematisch der Fall ist.
Und nun der springende Punkt: Nur der Urheber eines Textes hat das Recht über die Nutzung und Verwertung seines Textes zu bestimmen. Hierzu
gehört das Vervielfältigungsrecht, das Verbreitungsrecht, das Vortragsrecht, das Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung des Werkes, aber auch das Recht, die Einwilligung zur Bearbeitung
oder Umgestaltung des Werkes zu erteilen.
Selbstverständlich können diese Nutzungs- und Verwertungsrechte auf Dritte übertragen werden, was im journalistischen Bereich natürlich häufig vorkommt.
Wenn jedoch keine Erlaubnis für die Nutzung und Verwendung erteilt wurde, stellt die Verwendung des urheberrechtlich geschützten Textes eine klare Urheberrechtsverletzung dar.
Welche Ansprüche habe ich, wenn mein Text geklaut wurde?
Der unbefugte Nutzer des Textes kann zunächst einmal mit einer Abmahnung aufgefordert werden, die Verwendung zu unterlassen und
gegebenenfalls (wenn beispielsweise der Text auf einer Homepage veröffentlicht wurde) zu beseitigen. Damit er die unbefugte Nutzung des Textes auch für die Zukunft unterlässt und wenn
eine solche Wiederholungsgefahr besteht, ist außerdem eine Unterlassungserklärung von ihm zu fordern, in der auch – für den Fall, dass er sich nicht an die Unterlassung
hält – eine Vertragsstrafe festgelegt wird. Hält sich der unbefugte Nutzer nicht an seine Erklärung, hat er dann die Vertragsstrafe an den Urheber zu zahlen.
Des Weiteren können dem Urheber Schadensersatzansprüche gegen den unbefugten Nutzer z.B. in Form von entgangenem Gewinn zustehen. Der
Schadensersatz kann auch als sog. „Lizenzanalogie“ berechnet werden, d.h. der Urheber verlangt die Vergütung vom unbefugten Nutzer, die dieser ihm bei ordnungsgemäßer
Einräumung des Nutzungsrechts hätte zahlen müssen.
Zuletzt stehen dem Urheber auch sog. Auskunftsansprüche zu, die insbesondere bedeutsam sind, wenn es um Urheberrechtsverletzungen im
Internet geht und der Täter anonym bleibt.
Sie sind Betroffener einer Urheberrechtsverletzung und möchten sich wehren?
Oder Sie haben eine Abmahnung erhalten, die aus Ihrer Sicht nicht gerechtfertigt ist? Mitglieder, oder solche, die es werden wollen, können uns gerne
kontaktieren. Wir prüfen gerne Ihren individuellen Fall und unterstützen Sie.
Rechtstipp Dezember 2023 – von Gregor Schwarz
1, 2 Polizei - 3, 4 Presse nicht hier!
Für viele Kolleg*innen im Lokalen ist „Blaulichtjournalismus“, also die Berichterstattung über Unfälle oder sonstige Einsätze von Polizei,
Rettungsdiensten oder Feuerwehr, Teil ihrer täglichen Arbeit. Dabei ist es wichtig, schnell am Ort des Geschehens zu sein, um Fotos oder Videos machen zu können sowie mit Einsatzkräften und
Betroffenen Interviews zu führen. Zumindest bei Unfällen auf Autobahnen dürfte das leider künftig sehr viel schwieriger werden.
Wenn sich auf einer Autobahn oder einer Bundesstraße ein größerer Unfall ereignet, bildet sich naturgemäß innerhalb von wenigen Minuten ein erheblicher Stau. Um dann als Reporter*in überhaupt
noch an den Unfallort zu kommen, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder man schafft es, sich über Feldwege neben der Autobahn, über Brücken oder Raststätten möglichst nah an die Örtlichkeit
durchzuschlagen, was oft trotz guter Ortskenntnisse schwierig und auch nicht in allen Fällen legal ist. Oder man fährt auf dem Standstreifen oder in der Rettungsgasse am Stau vorbei, hält an der
Unfallstelle an, steigt dort aus dem Auto aus und geht seiner Arbeit nach. Das Problem dabei ist aber: Die Straßenverkehrsordnung sieht auch für Journalist*innen bei der Arbeit empfindliche
Strafen vor, sowohl für das Befahren von Standstreifen, Rettungsgassen oder Betriebsausfahrten als auch für das Anhalten und Aussteigen auf der Fahrspur. Neben hohen Bußgeldern und Punkten in
Flensburg drohen auch Fahrverbote oder in Einzelfällen sogar der Entzug des Führerscheins.
Diese Erfahrung musste auch eines unserer Mitglieder machen, das davor viele Jahre völlig unbehelligt als Blaulichtjournalist im Rhein-Main-Gebiet auch auf Autobahnen tätig war. Denn: Früher war
es oft so, dass Polizeikräfte ein Auge zudrückten und keine Verfahren einleiteten, wenn die Kolleg*innen wie in diesem Fall vor Ort bekannt waren und als zuverlässig galten. Doch seit einigen
Jahren ist es mit dieser lange gelebten Praxis vorbei und es hagelt Bußgeldbescheide. Der einzige Ausweg, um weiterhin legal seiner Arbeit nachzugehen, war danach die Beantragung einer
Ausnahmegenehmigung, mit der Verkehrsteilnehmer von einzelnen Vorschriften der Straßenverkehrsordnung, wie z.B. dem Verbot des Befahrens des Standstreifens oder dem Betreten der Fahrspur, befreit
werden können. Zumindest in Teilen Bayern war es einige Zeit lang durchaus üblich, Journalist*innen auf Antrag solche Ausnahmegenehmigungen auszustellen.
Nicht zuletzt aus Gründen der Gleichbehandlung hatte auch unser Mitglied eine solche Ausnahmegenehmigung beantragt, die ihm aber versagt worden war. Hiergegen wandte er sich mit einer Klage vor
dem Verwaltungsgericht Karlsruhe, welche jetzt in zweiter Instanz vom VGH Mannheim endgültig abgewiesen wurde. Die Gerichte begründen ihre Entscheidung verkürzt gesagt damit, dass das Verbot zum
Befahren der Autobahn die Pressefreiheit gar nicht tangiere. Vielmehr sei eine Unfallstelle zwar eine „Informationsquelle“, die aber aufgrund der erschwerten Anfahrt nicht allgemein zugänglich
sei, weshalb sich der Kläger auch nicht auf die allgemeine Informationsfreiheit berufen könne. Selbst wenn sei bei einer Abwägung zwischen der Pressefreiheit bzw. dem Informationsinteresse der
Öffentlichkeit einerseits und der Verkehrssicherheit andererseits der letzteren der Vorrang zu geben, weshalb insgesamt kein Anspruch auf eine Ausnahmegenehmigung für Journalist*innen bestünde.
Nachzulesen auch in folgender Pressemitteilung:
https://verwaltungsgericht-karlsruhe.justiz-bw.de/pb/,Lde/10008301/?LISTPAGE=9908851
Mit der Entscheidung der Gerichte wird aus unserer Sicht die Berichterstattung von Unfällen auf Autobahnen praktisch unmöglich gemacht. Ausnahmegenehmigungen werden nicht mehr erteilt werden und
auch die Polizei wird sich in ihrem rigorosen Vorgehen gegen Verkehrsverstöße bestätigt fühlen. Doch auch das Argument „Verkehrssicherheit“ verfängt nur bedingt, denn Journalist*innen sind eben
keine Gaffer, sondern haben über viele Jahre bewiesen, dass sie sich an heiklen Einsatzstellen professionell verhalten und mit ihrer Arbeit weder die Rettungskräfte vor Ort behindern noch die
Persönlichkeitsrechte von Betroffenen missachten.
Künftig werden sich die Kolleg*innen also immer häufiger auf Pressemitteilungen oder sogar eigenes Bildmaterial der Einsatzkräfte verlassen müssen, ein Trend, den wir schon seit vielen Jahren im
„Blaulichtbereich“ mit Sorge beobachten. Denn selbstverständlich wird damit eine möglicherweise auch kritische Berichterstattung über die Arbeit der Kräfte vor Ort von vornherein
unterbunden.
„Fun fact“ zum Schluss: In dem Verfahren ging es auch um die Frage, welche Behörde in Deutschland für Ausnahmegenehmigungen auf Autobahnen zuständig sind. Denn: Nach Auffassung des Gerichts sind
das laut Straßenverkehrsordnung zwei verschiedene, nämlich einmal die örtlichen Regierungspräsidien und andererseits die Autobahn-GmbH des Bundes. Heißt: Selbst wenn ein Anspruch auf eine
Ausnahmegenehmigung bestünde, müsste diese für die verschiedenen Teile der Autobahn bei verschiedenen Behörden beantragt werden. Ein Schildbürgerstreich, der an Absurdität kaum zu überbieten ist.
Rechtstipp November 2023 - von Astrid Braun
Und einer geht noch: Mit diesem Rechtstipp verabschiede ich mich nun vorerst in den Mutterschutz sowie in die anschließende Elternzeit. Ich bedanke mich für viele spannende Fälle und vor
allem für Ihr Vertrauen in die Betreuung Ihrer Rechtsangelegenheiten. In diesem Sinne sage ich Bye, bye! Auf ein baldiges Wiedersehen.
Und auch im Rechtstipp geht es ums "Tschüss sagen":
Bye Bye, Betriebsrat: Kann ein Betriebsratsmitglied mit sofortiger Wirkung sein Amt niederlegen?
„Drum prüfe, wer sich vier Jahre bindet […]“ hätte Schiller womöglich in seinem „Lied von der Glocke“ gedichtet, wären ihm zur damaligen Zeit Betriebsräte und Betriebsratswahlen am Herzen
gelegen. Im Jahre 1799 entschied er sich jedoch, über ein weitaus weniger komplexes Thema zu dichten: die Liebe.
So unterschiedlich diese zwei Themengebiete auch sein mögen, sie haben ganz zufällig und unfreiwillig eine Gemeinsamkeit:
Es kann zu diesem einen Schlüsselmoment kommen, in dem man ganz plötzlich und unweigerlich realisiert, dass man so schnell wie möglich aus der Nummer raus möchte, und dass es Zeit ist zu gehen.
Doch geht das so einfach? Kann ein Betriebsratsmitglied von einem Tag auf den anderen das Handtuch werfen?
Ja, das kann es! Gemäß § 24 Nr.3 BetrVG erlöscht die Mitgliedschaft eines Betriebsratsmitglieds durch die simple Niederlegung des Betriebsratsamtes, was dementsprechend zur vorzeitigen Beendigung
der eigentlich vorgesehenen, vierjährigen Amtszeit des einzelnen Mitglieds führt. Die Niederlegung des Betriebsratsamts kann völlig unkompliziert durch formlose, aber auch unmissverständliche Erklärung gegenüber dem Betriebsrat bzw. bei nur einem
einköpfigen Betriebsrat gegenüber der Belegschaft oder dem Arbeitgeber erfolgen. Die bloße Äußerung gegenüber eines anderen Betriebsrats- oder
Ersatzmitglieds, man wolle keine Betriebsratsarbeit machen, ist allerdings noch nicht als Amtsniederlegung im Sinne von § 24 Nr.3 BetrVG zu verstehen.
Mit Zugang der Erklärung wird die Amtsniederlegung wirksam und kann weder widerrufen noch zurückgenommen werden. Auch die Möglichkeit, seine Erklärung
anzufechten, scheidet in den meisten Fällen aus. Ist die Amtsniederlegung also einmal ausgesprochen, gibt es keinen Weg zurück. Es besteht auch nur
noch ein einjähriger, nachwirkender Kündigungsschutz. Innerhalb dieses Jahres ist dann zwar die ordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber nach wie vor ausgeschlossen, eine vorherige
Zustimmung des Betriebsrats zu der Kündigung ist aber nicht mehr erforderlich.
Daher sollte eine Amtsniederlegung gut durchdacht und nicht überstürzt aus einem Impuls heraus erfolgen, weil es beispielsweise zuvor zu Konflikten mit
anderen Betriebsratsmitgliedern kam. Denn auch wenn man einem Gremium angehört und gemeinsam für eine Sache kämpft, kann es durchaus und vielleicht auch gerade deshalb immer wieder zu
Meinungsverschiedenheiten kommen und emotional werden. So wie in der Liebe eben auch.
Sie haben innerhalb Ihres Betriebsrates mit Konflikten zu kämpfen und überlegen Ihr Amt niederzulegen? Mitglieder und solche, die es werden wollen, sind
herzlich eingeladen unsere Geschäftsstelle zu kontaktieren. Wir helfen gerne weiter.
Rechtstipp September 2023 – von Astrid Braun
Was kann ich tun, wenn ich aufgrund meiner journalistischen Tätigkeit auf Social Media angegriffen werde?
Die Nerven einiger Menschen müssen wirklich blank liegen. Ein Artikel beispielsweise über ein Stadtfest einer kleinen, kreisangehörigen Gemeinde, in dem die Stimmung als ausgelassen, heiter oder
bunt bezeichnet wird, reicht mittlerweile anscheinend schon aus, die Stimmung in manchem Lager hochkochen zu lassen und Journalist*innen aufs Übelste zu beleidigen, teilweise sogar zu bedrohen.
So leider konkret geschehen bei einem unserer Mitglieder.
Da Autor*innen in den Zeitungen meist namentlich benannt werden, können sie leicht von Personen ausfindig gemacht werden, die es sich nicht nehmen lassen wollen, im Netz herablassende Kommentare
zu posten. Dabei sind so manche Äußerungen sogar noch harmlos, die Bezeichnung als A***loch wird man als Journalist*in heutzutage müde lächelnd wegstecken. Nein, es geht um viel tiefgreifendere
Beleidigungen, es geht um Morddrohungen und nicht selten um die genaue Beschreibung, wie man konkret vorhat, den*die Autor*in eines Zeitungsartikels zu foltern, zu lynchen oder gar vierzuteilen.
Mit einem Wimpernschlag kriegen wir unsere Gesellschaft nicht wieder auf ein (zumindest) sprachlich anständiges Niveau, daher müssen wir wohl bei uns anfangen und uns die Frage stellen: Wie kann
ich mich vor solchen Menschen schützen?
1. Für alle Journalist*innen ist es in erster Linie ganz wichtig, sich selbst auf Social Media zu schützen. Wenn Sie mit Ihrem echten Namen privat auf Social Media unterwegs sind,
veröffentlichen Sie so wenig höchstpersönliche Daten wie nur nötig. Dazu gehören unter anderem private Telefonnummern, die Wohnadresse oder zum Beispiel auch das Autokennzeichen. Im Prinzip
sollte das keiner tun, unabhängig von einer journalistischen Tätigkeit, aber gerade Journalist*innen und vor allem diejenigen, die im Politikbereich unterwegs sind, sind besonders gefährdet für
Angriffe feindseliger Personen. Ein Angriff im Netz ist das eine, aber Sie möchten diesen Leuten sicher nicht vor Ihrer Wohnungstüre begegnen.
2. Dokumentieren Sie die Beleidigungen und Bedrohungen, z.B. mithilfe von Screenshots und der Erfassung des taggenauen Datums, auch wenn Sie noch unschlüssig sind, ob Sie die Tat
strafrechtlich verfolgen lassen möchten oder nicht. Sollten Sie sich nämlich später für eine strafrechtliche Verfolgung entscheiden (Achtung: Verjährungsfristen beachten), ist es für den Ausgang
eines Strafverfahrens sehr entscheidend, ob Sie die erhobenen Vorwürfe gegenüber dem Angeklagten beweisen können.
3. Erstatten Sie Strafanzeige bzw. stellen Sie einen Strafantrag bei den zuständigen Strafverfolgungsbehörden. Eine Strafanzeige (§158 Abs.1 S.1 Strafprozessordnung) stellt dabei lediglich
eine Meldung des Verdachts einer Straftat an die Strafverfolgungsbehörden dar. Das Besondere dabei ist, dass wirklich jede*r eine solche Anzeige schriftlich oder mündlich erstatten kann, entweder
bei der Staatsanwaltschaft, der Polizei oder dem Amtsgericht. Die Strafanzeige begründet einen Anfangsverdacht, der die Behörden dazu zwingt ein Strafverfahren einzuleiten. Da die Bedrohung in
Deutschland ein sog. Offizialdelikt ist, die Strafverfolgungsbehörden also ab Bekanntwerden der Tat von Amts wegen tätig werden müssen, ist die bloße Erstattung einer Anzeige übrigens völlig
ausreichend, wenn Sie im Netz Opfer einer Bedrohung wurden. Bei der Beleidigung dagegen handelt es sich um ein reines Antragsdelikt, dem Tatvorwurf wird also grundsätzlich nur auf Antrag der*des
Verletzten von den Strafverfolgungsbehörden nachgegangen.
Übrigens: Wir bekommen immer wieder zu Ohren, dass betroffene Journalist*innen davon absehen eine Strafanzeige zu erstatten oder einen Strafantrag zu stellen, weil ihnen auf der
Polizeidienststelle jegliche Hoffnung auf Erfolgsaussichten genommen wird. Die Sache werde von der Staatsanwaltschaft dann eh höchstwahrscheinlich eingestellt, heißt es dort oft. Doch
selbst wenn es zur Einstellung des Verfahrens kommen sollte, haben Sie einen wichtigen Schritt getan: Sie haben sich mit Ihrem Entschluss tätig zu werden aus der Opferrolle herausgehoben und nach
außen signalisiert, dass Sie sich als überzeugte*r Journalist*in nicht alles gefallen lassen müssen.
Ein Rechtstipp ersetzt nicht die umfassende, rechtliche Beratung im Einzelfall. Mitglieder und solche, die es werden möchten, können sich gerne mit uns in Verbindung setzen, wenn sie aufgrund
ihrer journalistischen Tätigkeit Opfer von Hasskommentaren im Netz wurden. Wir helfen gerne weiter.
Rechtstipp August 2023 – von Gregor Schwarz
Verschiedenes Geschlecht – ungleiche Bezahlung? Nicht mehr so einfach!
Acht lange Jahre hat sich die Journalistin Birte Meier gegen ihren früheren Arbeitgeber ZDF durch die Instanzen geklagt. Jetzt haben sich die Parteien in einem Vergleich vor dem
Bundesarbeitsgericht zu Gunsten der Klägerin geeinigt. Grund dafür dürfte sein, dass das Gericht ansonsten entschieden hätte, dass Meier in ihrer Funktion als Reporterin beim Magazin
„Frontal21“ nicht schlechter hätte bezahlen werden dürfen als ihre männlichen Kollegen, die bei gleicher Arbeit und Qualifikation deutlich mehr verdient hatten. „Gender pay gap“ nennt sich das
Phänomen, von dem bestimmt auch einige DJV-Mitglieder betroffen sein könnten. Aber wie können diese ihre Rechte durchsetzen? Und dauert das dann auch acht Jahre?
Den juristischen Hebel, um gegen Lohnungleichheit rechtlich vorzugehen, gibt es seit 2017 unter dem schönen Namen „Entgelttransparenzgesetz“ (EntgTranspG). Dieses gibt aber potentiell
betroffenen Arbeitnehmer*innen noch keinen Anspruch auf gleiche Bezahlung, sondern nur auf Auskunft darüber, was die vergleichbar beschäftigten Kolleg*innen denn so verdienen. Der Arbeitgeber
muss dabei auch nicht das Gehalt einzelner Mitarbeitenden offenlegen, sondern nur den Durchschnittswert der gleich oder gleichwertig beschäftigten Personen des jeweils anderen Geschlechts. Hier
liegt wie so oft der Teufel im Detail: Denn der Anspruch besteht generell nur in Unternehmen, die mindestens 200 Personen beschäftigen und auch dort nur dann, wenn mindestens sechs Menschen des
jeweils anderen Geschlechts eine vergleichbare Tätigkeit wie die antragstellende Person ausüben. Wobei man sich natürlich im Zweifelsfall trefflich darüber streiten kann, was eine vergleichbare
Tätigkeit ist.
Etwas leichter haben es Mitarbeiter*innen in Unternehmen mit mehr als 500 Angestellten, denn solche müssen unabhängig von einem konkreten Auskunftsersuchen jedes Jahr mit dem Jahresabschluss auch
einen Bericht veröffentlichen, aus dem ersichtlich ist, ob die Gehälter den Grundsätzen des „Equal Pay“ entsprechen.
Wer eine Auskunft nach dem EntgTranspG geltend machen möchte, wendet sich mit seinem Antrag am besten an den Betriebs- oder Personalrat oder, falls es einen solchen nicht gibt, direkt an die
Personalabteilung oder die Geschäftsleitung. Für den Antrag gibt es ein Formblatt und eine ausführliche Broschüre auf der Internetseite des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend: https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/service/publikationen
Aber was muss ich tun, wenn der Arbeitgeber entweder schon die Auskunft verweigert oder eine Gehaltsanpassung ablehnt, sofern sich aus der Auskunft ein relevanter Lohnunterschied ergibt? Sie
werden es ahnen: Vor Gericht ziehen! Denn sowohl der Auskunftsanspruch selbst als auch ein sich daraus ergebender Anspruch auf Lohnanpassung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG),
können vor dem Arbeitsgericht eingeklagt werden. DJV-Mitgliedern hilft hier im Zweifel, wie so oft, der Rechtsschutz im Rahmen der Mitgliedschaft weiter. Auch falls es notfalls acht Jahre dauern
sollte.
Die gute Nachricht zum Schluss: Spätestens jetzt, wo der Fall Birte Meier medial sehr präsent ist, dürfte es auch beim letzten Arbeitgeber im Medienbereich angekommen sein, dass strukturelle
Lohnunterschiede aufgrund des Geschlechts gar nicht gehen. Oft hilft daher bei Verdachtsfällen bestimmt schon ein Gespräch mit der Personalabteilung weiter, wenn gewünscht gerne mit kompetenter
Unterstützung durch unsere Jurist*innen und Verweis auf den Anspruch aus dem EntTranspG, um der Sache etwas Nachdruck zu verleihen.
Rechtstipp Juli 2023 – von Astrid Braun
Ist es sinnvoll ein Redaktionsstatut zu erstellen, obwohl unser Verlag bereits einen Verhaltenskodex an alle Mitarbeitenden herausgegeben hat?
Da öffentlich so wenig darüber gesprochen wird, könnte man fast meinen, Redaktionsstatuten seien aus der Mode gekommen. Aber der Schein trügt: Bis heute legen vor allem die großen,
auflagenstarken, aber doch auch sporadisch kleineren Zeitungsverlage großen Wert auf die Erarbeitung und Einhaltung eigens festgelegter, redaktionsinterner Richtlinien. Zugegeben, das ein oder
andere Redaktionsstatut ist vor mehreren Dutzend Jahren und teilweise noch mit der Schreibmaschine verfasst worden und bedürfte auch genauso der ein oder anderen Modernisierung. Und dennoch darf
man die Wichtigkeit eines solchen Redaktionsstatutes nicht unterschätzen.
Aber was regelt ein Redaktionsstatut nochmal genau?
Ein Redaktionsstatut ist eine Vereinbarung, die speziell für den redaktionellen Teil innerhalb eines Medienunternehmens wie Zeitungen, Zeitschriften oder Rundfunkanstalten Anwendung finden soll.
Es regelt die Rechte und Pflichten der Redakteur*innen und Journalist*innen sowie die Struktur und Organisation der Redaktion, indem es beispielsweise Grundsätze zur Wahrung der journalistischen
Unabhängigkeit, zur Transparenz und anderen arbeitsbezogenen Aspekten festlegt. Ziel ist also den eigens geforderten Anspruch an einen hohen journalistischen Standard zu wahren, um so auch
gegenüber allen Leser*innen eine Vertrauensbasis in das Gelesene zu schaffen und die Glaubwürdigkeit des Mediums zu erhalten.
Gerade in der heutigen Zeit, in der vor allem im Internet zahlreiche „Fake“-Nachrichten kursieren, die sich meist auf unzuverlässige Quellen stützen und unsauber recherchiert wurden, ist der
genannte Vertrauenserhalt der Leserschaft wiederum essentiell für den langfristigen Erhalt des Medienunternehmens selbst.
Ein Verhaltenskodex hingegen gilt für alle Mitarbeitenden in einem Unternehmen und legt grundsätzliche ethische Richtlinien und Verhaltensregeln fest. Dem Unternehmen geht es hier einerseits
darum interne Regelungen zu finden, um ein vertrauensvolles und konstruktives Miteinander zu schaffen, andererseits aber auch um den Gedanken, gewisse Werte nach außen hin zu verkörpern, die für
die Reputation des Unternehmens einen hohen Stellenwert besitzen.
Kurz gesagt: Ein Verhaltenskodex geht eher in die Breite, ein Redaktionsstatut geht in die Tiefe. Ein gut funktionierendes Medienunternehmen sollte daher idealerweise sowohl einen
Verhaltenskodex, als auch ein Redaktionsstatut erstellt haben.
Ist ein Redaktionsstatut eigentlich nur wirksam, wenn es der Arbeitgeber unterschrieben hat?
Es gibt
zwar keine allgemeingültige Regelung, ob ein Redaktionsstatut von Arbeitgeberseite unterschrieben sein muss oder nicht. Idealerweise hat es Arbeitgeber einfach unterzeichnet, so ist für beide
Seiten, also Redaktion und Arbeitgeber, schwarz auf weiß zu erkennen, dass sie rechtlich an diese Vereinbarung gebunden sind.
Es gibt
jedoch auch Fälle, in denen der Arbeitgeber sich weigert das Redaktionsstatut offiziell zu unterzeichnen und zu akzeptieren, es bei Neueinstellungen aber dennoch als Teil des Arbeitsvertrages
deklariert. In solch einem Fall ist davon auszugehen, dass die Geschäftsleitung dem Inhalt des Redaktionsstatutes automatisch zugestimmt hat. Der*die Bewerber*in erklärt sich durch Unterzeichnung
des Arbeitsvertrages ebenfalls mit den Regelungen im Redaktionsstatut einverstanden. So entfaltet das Redaktionsstatut eben durch das „arbeitsvertragliche Hintertürchen“ seine Wirkung.
Sie möchten in Ihrem Verlag ein Redaktionsstatut einführen oder ein bestehendes Redaktionsstatut auf den neuesten Stand bringen? Mitglieder und solche, die es werden wollen, sind herzlich
eingeladen unsere Geschäftsstelle zu kontaktieren. Wir unterstützen Sie gerne!
Rechtstipp Juni 2023 – von Gregor Schwarz
Gibt es rechtliche Vorgaben zum „Gendern“?
Das Thema Gendern wird in der Gesellschaft noch immer kontrovers diskutiert. Während ein Gendersternchen in einem Text für manche den Untergang der abendländischen Kultur bedeutet, ist
geschlechtsneutrale Sprache für andere inzwischen völlig selbstverständlich geworden, ganz zuvorderst auch im Medienbereich. Aber gibt es eigentlich rechtliche Vorgaben für das Gendern? Und kann
ich mich juristisch dagegen wehren, wenn z.B. einer meiner Texte im Nachhinein vom Verlag ohne mein Wissen gegendert wurde oder ich unter einem Beitrag z.B. als „Autor:in“ bezeichnet werde,
obwohl ich mich als eindeutig binäre Person, also Mann oder Frau fühle?
Um die erste Frage gleich zu beantworten: Rechtliche Vorgaben zum Gendern gibt es (noch) nicht, noch nicht einmal für amtliche Texte wie z.B. Behördenschreiben oder Gesetzestexte, die noch immer
fast ausschließlich im generischen Maskulinum formuliert sind. Ein schönes Beispiel sind (echte) Sätze wie: „Sehr geehrte Frau XXX, als Bauherr des Bauprojektes XXX fordern wir Sie auf…“.
Aber: Der Arbeitgeber kann im Rahmen des sog. Direktionsrechts seinen Angestellten gewisse Formulierungen und Schreibweisen vorgeben. Wenn es also z.B. in einer Redaktion die Anweisung gibt, mit
Sternchen oder Doppelpunkt zu gendern, oder eben auch es zu lassen, muss man das zumindest als Angestellte*r akzeptieren. (Nein, beim DJV gibt es keine Vorgabe – ich mache das freiwillig
;-).
Etwas anderes gilt aber bei Freiberuflern: Wenn hier nicht ausnahmsweise im Rahmen des Auftragsverhältnisses explizit eine gewisse Schreib- oder Sprechweise vereinbart wurde, was äußerst selten
vorkommt, ist der*die Autor*in völlig frei darin zu entscheiden, wie in dem Werk formuliert wird. Über einen interessanten Fall hatte hier das Landgericht Hamburg zu befinden (Az. 308 O 176/21):
Eine Autorin hatte einen Zeitschriftenverlag verklagt, der gegen ihren Willen in einem ihrer Texte nachträglich geschlechtsneutrale Bezeichnungen eingebaut hatte (z.B. „zeichnende Person“ statt
„Zeichner“). Das Gericht sah darin einen Verstoß gegen die Urheberpersönlichkeitsrechte der Klägerin, sodass der Verlag schließlich einen Vergleich akzeptierte, wonach der Text zumindest in der
Online-Ausgabe wieder in die Ursprungsfassung zurückversetzt werden musste.
Auch eine Bezeichnung z.B. als „Autor:in“ oder „Verfasser*in“ kann daher grundsätzlich einen Verstoß gegen Urheberrechte darstellen. Denn laut § 13 S. 2 UrhG kann „der Urheber bestimmen, ob das
Werk mit einer Urheberbezeichnung zu versehen ist und welche Bezeichnung zu verwenden ist“. Wer also explizit unter seinem Werk mit einer geschlechtsspezifischen Benennung, also z.B. als
„Autorin“ oder „Redakteur“ bezeichnet werden will, kann das vom Auftraggeber verlangen – übrigens auch im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses.
Mitglieder, die von solchen Fällen betroffen sind, können sich selbstverständlich gerne im Rahmen des Rechtsschutzes an uns wenden. Übrigens völlig unabhängig davon, dass wir als DJV selbst eine
geschlechtsneutrale Sprache praktizieren und uns auch von unseren Mitgliedern gelegentlich einen gelasseneren Umgang mit diesem Thema wünschen würden, denn allein das Gendersternchen im
Blickpunkt hat uns einige Mitglieder gekostet. Aber es gilt auch hier: Jede*r wie sie*er mag!
Rechtstipp Mai 2023 von Astrid Braun
Wieso „2 in 1“ nur beim Haarewaschen praktikabel ist: Sollten mein Volontariats- und
Arbeitszeugnis zwei voneinander getrennte Dokumente sein?
Heute einmal ganz unorthodox die Antwort vor der Erläuterung: Ja, Volontariatszeugnis und Arbeitszeugnis gehören eigentlich nicht zusammen und sollten voneinander getrennt verfasst sein.
Ein Volontariat bei einem Verlag oder Rundfunksender ist übrigens keine klassische Berufsausbildung nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG), sondern gilt nach § 26 BBiG als ein sog. „anderes Vertragsverhältnis“.
Volontär*innen haben aber dennoch, wie auch jede*r andere Auszubildende, einen Anspruch auf Ausstellung eines Zeugnisses.
1. Zwei gesetzliche Anspruchsgrundlagen - also auch zwei Zeugnisse
Zunächst einmal sollte festgehalten werden, dass sich die jeweiligen Ansprüche aus verschiedenen gesetzlichen Grundlagen herleiten. Die gesetzliche Grundlage für den Anspruch auf Erteilung eines
Volo-Zeugnisses bilden die §§ 26, 16 BBiG. Es
sollte sowohl die Ausbildungsinhalte und dadurch erworbenen Kenntnisse benennen, als auch auf Verlangen eine ausführliche Leistungs- und Verhaltensbeurteilung enthalten.
Die gesetzliche Grundlage für das Arbeitszeugnis findet sich wiederum in § 109 Gewerbeordnung (GewO). Das Arbeitszeugnis behandelt, wie der Name schon sagt, die genaue Tätigkeit im Rahmen des
Arbeitsverhältnisses beim Arbeitgeber. Auch hier kann der*die Arbeitnehmer*in auf Verlangen eine Leistungs- und Verhaltensbeurteilung verlangen, was übrigens bei jeder Art von Zeugnis
grundsätzlich empfehlenswert ist.
Um es nun auf das Wesentliche herunterzubrechen, behandelt ein Volo-Zeugnis die Ausbildung, ein Arbeitszeugnis die konkrete Arbeit als Arbeitnehmer*in, dementsprechend zwei verschiedene
Baustellen. Warum sollte also etwas vermischt werden, was das Gesetz klar voneinander trennt?
2. Wichtige Informationen könnten mit der Zeit verloren gehen
Nicht wenige Volontär*innen führen ihre Karriere erst einmal dort fort, wo sie auch ausgebildet wurden. Das kann natürlich viele Vorteile haben: Man kennt schon den Großteil seiner Kolleg*innen,
die verschiedenen Themengebiete und Ressorts und vor allem: die Vorgesetzten. Bei vielen frisch gebackenen Journalist*innen stellt sich also erst einmal gar nicht die Frage nach dem Bedarf eines
Volo-Zeugnisses. Teilweise ist es sogar so, dass das Begehren von Arbeitgeberseite abgebügelt wird, mit dem Scheinargument: „Du bleibst doch eh im Haus, da brauchst du doch kein Zeugnis.“
Mittlerweile ist es aber so, dass die meisten Journalist*innen nicht bis zur Rente bei ein- und demselben Arbeitgeber bleiben. Oft steht nach wenigen Jahren ein Wechsel an. Verlangt man aber erst
dann das Volontariatszeugnis, wenn man schon im Begriff ist zu gehen, ist die Person, die damals ausgebildet hat, eventuell auch nicht mehr im Hause und keine*r der Verantwortlichen kann noch
detailliert nachvollziehen, was in der Ausbildung alles geleistet und was vielleicht auch überdurchschnittlich gemeistert wurde. Erhält man dann eine Mischung aus Volontariats- und
Arbeitszeugnis, könnten einige wichtige Informationen verloren gehen. Eventuell neigt auch der Arbeitgeber automatisch dazu, den Inhalt möglichst kurzzuhalten, damit das Zeugnis durch die Menge
an Informationen nicht die eigentlich erforderliche Kompaktheit verliert. Daher der Tipp: Zeugnisse immer zur rechten Zeit verlangen.
3. Der Anspruch auf ein Zeugnis kann nach einer gewissen Zeit verjähren/verwirken
Apropos Zeit: Völlig egal, ob es sich um ein Volontariats- oder Arbeitszeugnis handelt, der Anspruch auf Erteilung eines Zeugnisses verjährt in der Regel nach drei Jahren. Der Anspruch auf ein
Arbeitszeugnis kann sogar bereits nach sechs bis zehn Monaten verwirken. Es könnte also passieren, dass man nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis zwar noch einen Anspruch auf ein
Arbeitszeugnis hat, aber der Anspruch auf ein Volontariatszeugnis bereits verjährt ist. Wer also nicht rechtzeitig aktiv wird und mit Blick auf die Fristen gezielt ein Zeugnis verlangt, kann
schlimmstenfalls nur noch auf die Kulanz des Arbeitgebers hoffen. Daher sollten Volontär*innen das Angebot, zu einem späteren Zeitpunkt ein gesamtes Zeugnis zu Ausbildung und anschließendem
Arbeitsverhältnis zu erhalten, lieber ausschlagen.
Selbstverständlich ersetzt ein Rechtstipp nicht die umfassende, rechtliche Beratung im Einzelfall. Mitglieder und solche, die es werden wollen, sind herzlich eingeladen unsere Geschäftsstelle zum
Thema „Volontariats- und/oder Arbeitszeugnis“ zu kontaktieren. Wir helfen gerne weiter.
Rechtstipp April 2023 von Gregor Schwarz
Was bedeutet eigentlich „angemessene Vergütung“ für Freie?
„Freie Journalisten sind wie Nutten“ entfuhr es kürzlich am Telefon einem freiberuflich tätigen Kollegen, der sich über miese Honorare bei Verlagen
ärgerte. Abgesehen von der Tatsache, dass natürlich „Sexarbeiter*innen“ der politisch korrekte Terminus gewesen wäre und die provokante Zuspitzung keine Beleidigung dieses Berufsstandes sein
sollte, hat der Kollege aber einen Punkt: Freie bieten ihre Dienstleistung meist offen einer Vielzahl von „Freiern“ (wie Verlage oder andere Auftraggebern) an, die sie in manchen Fällen schlecht
behandeln, und Preise bezahlen, die der Dienstleistung nicht annähernd angemessen sind. Aber was kann man dagegen tun?
Ähnlich wie im horizontalen Gewerbe ist der Preis für journalistische Leistungen reine Verhandlungssache. Viele Freie tun sich daher schwer damit, den Wert ihrer Leistungen realistisch
einzuschätzen, und laufen Gefahr, sich deutlich unter Wert zu verkaufen. Oft spielt dabei auch die Sorge mit, dass jemand anderes die Leistung billiger anbieten könnte, leider auch eine Parallele
zum Rotlichtmilieu. Oft werden wir daher danach gefragt, ob es denn nicht Richtlinien, Preiskataloge oder sogar Tarifverträge für freie journalistische Tätigkeiten gibt.
Letzteres ist klar zu verneinen, denn freie Medienschaffende sind, wie der Name schon sagt, Freiberufler*innen, und somit immer selbstständig tätig, und nicht als Arbeitnehmer*innen. Das bedeutet
auch, dass Tarifverträge für sie grundsätzlich keine Rechtskraft entfalten. Eine Ausnahme gilt nur für die „festen Freien“ bei Rundfunkanstalten oder vereinzelt noch bei Tageszeitungen, die laut
§ 12a TVG als „arbeitnehmerähnliche Personen“ auch von
Tarifverträgen umfasst sein können.
Was es jedoch gibt (inzwischen muss man leider sagen „gab“), ist die „Honorartabelle für arbeitnehmerähnliche Journalistinnen und Journalisten an Tageszeitungen“ (Honorartabelle für Text- und Bildbeiträge). Diese Tabelle wurde seinerzeit von den
Gewerkschaften und den Tageszeitungsverlagen als Richtschnur für Text- und Bildbeiträge an Tageszeitungen konzipiert, hat aber gleich mehrere Haken: Denn erstens ist auch sie rechtlich nicht
bindend, zweitens gilt sie streng genommen nur für feste Freie, die es bei Tageszeitungen kaum noch gibt, und drittens ist sie nach Ende der Laufzeit im Jahr 2020 nicht mehr aktualisiert worden –
mangels Interesse der Verlegerverbände an entsprechenden Verhandlungen.
Die gute Nachricht ist aber: Es gibt doch einen rechtlichen Hebel, wie Freie angemessene Honorare durchsetzen können. Dieser lautet § 32 Urheberrechtsgesetz (UrhG) und trägt den schönen Titel
„angemessene Vergütung“. Danach hat ein*e Urheber*in immer eine der Leistung angemessene Vergütung zu erhalten, wobei man natürlich trefflich darüber streiten kann, welche Höhe der Vergütung
jeweils angemessen ist. Kommt es darüber zu einem Rechtsstreit, greifen Gerichte bei ihrer Entscheidung oft auf gemeinsame Vergütungsregeln zwischen Urheber*innen und „Vereinigungen von
Werknutzern“ (siehe § 36 UrhG) zurück – hier also
wiederum auf die oben erwähnte Honorartabelle.
Heißt konkret: Wer für seine Arbeit als freie*r Journalist*in ein Honorar erhält, das weit unter den Sätzen der Honorartabelle liegt, kann ein höheres Honorar geltend machen und ggf. auch
einklagen, und das sogar auch rückwirkend. Mitglieder, für die dieser Weg infrage kommen könnte, können sich gerne an die DJV-Rechtsberatung wenden, denn ein solcher Schritt will gut überlegt
sein.
Zum Schluss bleibt uns ein Appell, der wiederum auch auf der Straße gilt: Verkaufen Sie sich nicht unter Wert und wehren Sie sich, wenn man Sie nicht anständig behandelt!
Honorartabelle TZ Text- und Bildbeiträge
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Rechtstipp März 2023 von Astrid Braun
Kann der Arbeitgeber eine Betriebsratsgründung verhindern?
Vor genau einem Jahr, März 2022, hatten wir in unserem Rechtstipp erklärt, wie man einen Betriebsrat gründet. Mit Erfolg: In mehreren, meist kleineren Verlagen, haben DJV-Mitglieder eine
Betriebsratsgründung in die Wege geleitet – leider jedoch nicht immer ohne Widerstand des Arbeitgebers. Heute beleuchten wir die Frage, ob dieser bei einer geplanten Gründung eingreifen darf.
Bevor wir die rechtliche Komponente dieses spannenden Themas beleuchten, sollten wir uns eingangs mit der Gefühlslage eines Arbeitgebers befassen und uns die Frage stellen: Warum würde ein
Arbeitgeber in der heutigen Zeit noch die Gründung eines Betriebsrats verhindern wollen? Die Antwort ist so einfach wie nachvollziehbar: Er will Entscheidungen alleine treffen und kein Gremium um
sich herum wissen, das diesen möglicherweise widerspricht.
Die Angst des Arbeitgebers vor dem Betriebsrat
So hört man von der Arbeitgeberseite oftmals ähnliche Worte wie die folgenden: „Ich habe diesen Betrieb vor rund 30 Jahren aus meinen eigenen, finanziellen
Mitteln gegründet und bin voll haftbar. Ich muss unternehmerisch komplexe Entscheidungen treffen, auch teils sehr unangenehme, und dies nahezu jeden Tag. Und jetzt soll ich mir auch noch
reinreden lassen?!“ Selbst wir als Gewerkschaft teilen diese Sorge, denn selbstverständlich ist es auf den ersten Blick einfacher, wenn es bei der Vorbereitung unternehmerischer
Entscheidungen eine Hürde weniger gibt.
Dabei vergessen Arbeitgeber aber allzu oft, dass ein Betriebsrat nicht ihr Gegner ist, ganz im Gegenteil: In erster Linie ist er eine Interessenvertretung der Arbeitnehmerschaft, ein Sprachrohr,
welches auf Augenhöhe mit dem Arbeitgeber kommunizieren kann.
Gut funktionierende Betriebe haben Betriebsräte - und das ist kein Zufall
Der Gesetzgeber hat schon lange erkannt, dass es innerhalb von Betrieben einer derartigen Interessenvertretung bedarf. Genau aus diesem Grund gibt es das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Der
Gesetzgeber macht damit deutlich, dass grundsätzlich die Gründung von Betriebsräten gewollt ist und gefördert werden soll. Und gerade deshalb kann es für einen Arbeitgeber sogar sehr unangenehm
werden, wenn er aktiv die Gründung eines Betriebsrats in seinem Betrieb verhindert.
Gemäß § 119 BetrVG kann einem Arbeitgeber nämlich
eine Geldstrafe oder sogar eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr drohen, sofern er aktiv die Wahl eines Betriebsrates behindert oder durch Zufügung oder Androhung von Nachteilen oder durch
Gewährung oder Versprechen von Vorteilen beeinflusst.
Schutz vor Kündigung sogar schon vor der Gründung
Auch vermeintlicher „Störenfriede“ kann sich der Arbeitgeber nicht mehr ohne Weiteres entledigen: Gemäß § 15 Abs. 3a Kündigungsschutzgesetz (KSchG) sind Arbeitnehmer*innen vor einer ordentlichen Kündigung geschützt, sobald mindestens drei
wahlberechtigte Arbeitnehmer*innen der Belegschaft zur Betriebsversammlung einladen, auf der die Gründung eines Betriebsrates beschlossen werden soll. Seit Juni 2021 geht der Schutz sogar noch
weiter:
Der durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz vom 18.06.2021 neu eingefügte § 15 Abs. 3b KSchG dehnt den besonderen Kündigungsschutz zeitlich nach vorne auf sogenannte „Vorfeld-Initiatoren“ aus, also solche
Arbeitnehmer*innen, die sich vor Veröffentlichung des Einladungsschreibens zu einer Wahlversammlung für die Gründung eines Betriebsrates einsetzen. Es reicht also schon aus, nur die Absicht zu
haben, einen Betriebsrat zu gründen. Diese Absicht muss sich der*die Arbeitnehmer*in notariell beglaubigen lassen. Der besondere Kündigungsschutz beginnt mit der notariellen Beglaubigung der
Absichtserklärung und endet mit der Einladung zur Wahl, spätestens jedoch drei Monate nach der Beglaubigung.
Um die Eingangsfrage also schlussendlich zu beantworten: Nein, der Arbeitgeber kann bei Vorliegen der erforderlichen Voraussetzungen (siehe Rechtstipp von März
2022) die Gründung eines Betriebsrates nicht wirksam verhindern. Im Gegenteil macht er sich eventuell sogar strafbar.
Ein Rechtstipp ersetzt nicht die umfassende, rechtliche Beratung im Einzelfall. Mitglieder und solche, die es werden wollen, sind herzlich eingeladen unsere Geschäftsstelle zum Thema
„Betriebsratsgründung“ zu kontaktieren. Wir helfen gerne weiter.
Rechtstipp Februar 2023 von Gregor Schwarz
Wie schütze ich mich als Freie*r vor Honorarausfällen?
Den monatlichen DJV-Rechtstipp gibt es nun schon seit zwei Jahren. Höchste Zeit, um mal auszusprechen, was viele ohnehin schon bemerkt haben werden: Unseren Rechtstipps liegen meist echte Fälle
unserer Mitglieder zugrunde. So auch im aktuellen Fall:
Eine Baufinanzierung aus Nordbaden, genauer, ein Vermittler von Baudarlehen, der Hypotheken auf Provisionsbasis vermittelt, hatte ein DJV-Mitglied wiederholt mit Textarbeiten beauftragt. Es
handelte sich dabei stets um hoch spezialisierte Texte, darunter befanden sich Themen wie Baufinanzierung für Nicht-EU-Bürger („Baufinanzierung Blue Card“), Forward-Darlehen,
Anschlussfinanzierung und Baukredite für Neubau-Vorhaben. Vereinbart wurde eine Vergütung gemäß Zeitaufwand auf Basis von Stundensätzen. Zum einen, weil es sich um komplexe Sachverhalte handelte,
für die ein gewisser Rechercheaufwand notwendig war. Zudem sollte das DJV-Mitglied die Texte gemäß Briefing auch für Suchmaschinen optimieren, also für Google auffindbar machen. Die
Zusammenarbeit verlief über einen längeren Zeitraum reibungslos, vertrauensvoll und angenehm. Der Baufinanzierer zeigte sich stets zufrieden und zahlte äußerst schnell.
Dann stiegen die Zinsen an. Der Baufinanzierer äußerte seine Befürchtungen, dass die Nachfrage nach Baukrediten im kommenden Jahr einbricht. Daher wolle er das DJV-Mitglied nochmals mit einer
Reihe von Texten beauftragen, auch damit er diese aus steuerlichen Gründen noch im alten Jahr mit gutem Umsatz absetzen könne. Das DJV-Mitglied sagte zu und ging das Textpaket aus insgesamt acht
kurzen und langen Texten zu Themen wie Nachrangfinanzierung, Fälligkeitsdarlehen, Umschuldung etc. an.
Kurz vor Abschluss des Textprojekts am Jahresende war der Baufinanzierer plötzlich für Rücksprachen nicht mehr erreichbar, auch die Korrekturen über bereits gelieferte Texte ließen auf sich
warten. Über seinen Sohn, ebenfalls im Unternehmen als Baudarlehensvermittler aktiv, ließ der Baudarlehensvermittler ausrichten, dass das DJV-Mitglied die Rechnung über alle Textarbeiten im
Voraus stellen und die Textarbeiten im neuen Jahr vollenden solle.
Rund fünf Tage später bekam unser DJV-Mitglied die Mitteilung von dem Baufinanzierer, dass er alle Textarbeiten abbrechen wolle. Damit verbunden kürzte er die Rechnung gemäß eigenen Vorstellungen
auf etwa die Hälfte der Rechnungssumme, betroffen waren auch bereits gelieferte Texte und angefangene Recherchen. Damit war unser Mitglied nicht einverstanden und teilte das dem
Baudarlehensvermittler mit. Als der auf seinem Standpunkt beharrte, wurden die DJV-Juristen tätig.
Der Baufinanzierer stellte sich auf den Standpunkt, dass er nur die „abgenommenen Texte“ bezahlen müsse und ließ das wiederum über seinen Anwalt mitteilen. Zudem stellte er über seinen Anwalt die
Vereinbarung nach Stundensätzen infrage, da ihm keine Vereinbarung darüber vorliege. Er behauptete dagegen, dass eine Bezahlung einer pauschalen Summe je 1000 Zeichen vereinbart worden sei. Die
Rechnungsbeträge seien gemäß dieser Vereinbarung bei weitem überschritten, O-Ton des gegnerischen Anwalts: „Rückforderungsansprüche bleiben vorbehalten.“
Das Problem war zunächst, dass unser Mitglied in der Beweispflicht stand. Die Tatsache, dass der Baudarlehensvermittler in der Vergangenheit stets die Rechnungen auf Stundenbasis bezahlt hatte,
war zwar ein Indiz für die Vereinbarung auf Stundenbasis, ein schriftlicher Vertrag lag aber nicht vor.
Was aber ungemein geholfen hat, war die Tatsache, dass unser Mitglied eine Mail hatte, in der es die telefonische Vereinbarung über den Stundensatz und die Zahlung nach Zeitaufwand nochmals
festhielt und besagter Baufinanzierer sogar diese Vereinbarung nochmals explizit per Mail bestätigt hatte. Nachdem wir der Gegenseite diesen Mailverkehr vorgelegt hatten, wurde der offene Betrag
dann doch bezahlt, sodass der Gang vor Gericht vermieden werden konnte.
Unser Tipp:
Auch wenn sich eine Zusammenarbeit – wie hier auch im vorliegenden Fall mit der Baufinanzierung – zunächst ungemein nett und vertrauensvoll anfühlt, kann sich das Blatt stets wenden. Wir raten
daher unseren Mitgliedern dringend dazu, alle Absprachen zu Honoraren, Stundensätzen, Zahlungsmodalitäten, vereinbarte Tätigkeiten, aber auch Vereinbarungen zum Gerichtsstand mindestens per Mail
festzuhalten. Noch besser ist es, wenn Dienstleister*innen die Schriftform wählen, also z. B. die Vereinbarungen als Scan mit Unterschrift des Auftraggebers festhalten. Bei Fragen dazu, helfen
die DJV-Jurist*innen gerne weiter.
Rechtstipp Januar 2023 von Astrid Braun
Kann eine Betriebsratswahl, die nicht zum regelmäßigen Zeitpunkt stattgefunden hat, nachgeholt werden?
Nach der Wahl ist bekanntlich vor der Wahl. Die Zeit vergeht wie im Fluge, der Betriebsrat ist wieder seit mehr als 3,5 Jahren im Amt und so langsam steht die Uhr auf Wiederwahl.
Gemäß § 13 Abs.1 S.1 BetrVG finden die regelmäßigen Betriebsratswahlen alle vier Jahre in der Zeit vom 01. März bis 31. Mai statt. Spätestens zehn Wochen vor Ablauf seiner Amtszeit muss der
Betriebsrat einen Wahlvorstand bestellen, welcher die Wiederwahl unverzüglich einzuleiten und durchzuführen hat.
So viel schon einmal zur Theorie. Jetzt kann es aber vorkommen, dass genau in diesem gesetzlich vorgegebenen Zeitfenster aus diversen Gründen (beispielsweise aufgrund von Krankheitsausfällen)
nicht die Möglichkeit bestand eine Wiederwahl durchzuführen. Aber was ist dann zu tun?
Außerhalb des regelmäßigen Wahlzeitraums können nur in den gemäß § 13 Abs.2 BetrVG abschließend aufgezählten Fällen Betriebsratswahlen stattfinden, wenn:
„1. mit Ablauf von 24 Monaten, vom Tage der Wahl an gerechnet, die Zahl der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer um
die Hälfte, mindestens aber um fünfzig, gestiegen oder gesunken ist,
2. die Gesamtzahl der Betriebsratsmitglieder nach Eintreten sämtlicher Ersatzmitglieder unter die vorgeschriebene
Zahl der Betriebsratsmitglieder gesunken ist,
3. der Betriebsrat mit der Mehrheit seiner Mitglieder seinen Rücktritt beschlossen hat,
4. die Betriebsratswahl mit Erfolg angefochten worden ist,
5. der Betriebsrat durch eine gerichtliche Entscheidung aufgelöst ist oder
6. im Betrieb ein Betriebsrat nicht besteht.“
Letzteres ist für unseren Fall nun interessant. Wenn nämlich eigentlich ein Betriebsrat bestand, aber die Wahl zum regelmäßigen Zeitpunkt nicht stattgefunden hat, steht der Betrieb in der Folge
gänzlich ohne Betriebsrat da.
In diesem Fall endete nämlich die Amtszeit des ursprünglichen Betriebsrats gemäß § 21 S.3 BetrVG spätestens am 31. Mai des Jahres, in dem nach § 13 Abs.1 BetrVG die regelmäßigen Wahlen
stattgefunden hätten. Auch die Mitgliedschaft im Betriebsrat ist gem. § 24 Nr.1 BetrVG wegen Ablaufs der Amtszeit erloschen. Und mit dem Ablauf der Amtszeit des Betriebsrats enden ebenso seine
Befugnisse. Eine Fortführung der laufenden Geschäfte bis zur Neuwahl eines anderen Betriebsrats ist nicht zulässig (vgl. BAG 15.1.1974, 1 AZR 234/73).
So gehen Sie also nun weiter vor:
Da also, wie wir bereits festgestellt haben, kein Betriebsrat mehr besteht, kann gemäß § 13 Abs.2 Nr.6 BetrVG außerhalb des regelmäßigen Wahlzeitraums die Wahl zu Betriebsrat durchgeführt werden.
Gem. § 17 Abs.3 BetrVG können drei wahlberechtigte Arbeitnehmer des Betriebs (oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft) alle Arbeitnehmer zu einer Betriebsversammlung einladen, auf der gem. §
17 Abs.2 BetrVG von der Mehrheit der anwesenden Arbeitnehmer ein neuer Wahlvorstand gewählt wird. Nach der Bestellung des Wahlvorstands geht es so weiter, wie wenn im Betrieb die regelmäßigen
Betriebsratswahlen stattgefunden hätten.
Ein Rechtstipp ersetzt nicht die umfassende, rechtliche Beratung im Einzelfall. Mitglieder und solche, die es werden wollen, sind herzlich eingeladen bei weiteren Fragen zum Thema
Betriebsratswahl oder anderen betriebsverfassungsrechtlichen Themen unsere Geschäftsstelle zu kontaktieren.
Rechtstipp 12/2022 – von Gregor Schwarz
Freistellung für gewerkschaftliches oder ehrenamtliches Engagement
Eine Gewerkschaft bzw. ein Berufsverband lebt ganz entscheidend vom ehrenamtlichen Engagement seiner Mitglieder. Allein für den DJV Baden-Württemberg ist eine dreistellige Zahl an Personen in
diversen Ehrenämtern tätig, sei es in verbandsinternen Gremien oder in den Personal- und Betriebsräten des Arbeitgebers. Aber ehrenamtliches Engagement braucht Zeit - und gerade daran fehlt es in
einer immer hektischeren und arbeitsintensiveren Medienwelt Vielen. Oft wird uns daher die Frage gestellt, ob es Möglichkeiten gibt, sich für sein Ehrenamt zeitweise von der Arbeit freistellen zu
lassen. Und wie so oft lautet die typische Jurist*innen-Antwort: Es kommt darauf an!
Gewählte Betriebs- oder Personalräte sind automatisch von der Arbeitsleistung befreit, wenn sie ihren Aufgaben in dieser Funktion nachgehen (§ 37 Abs. 2 BetrVG bzw. § 45 LPVG BW für den SWR). Je
nach Größe des Betriebes können darüber hinaus einzelne BR oder PR-Mitglieder auch für die Dauer der Amtszeit ganz oder teilweise von ihrer eigentlichen Arbeit freigestellt werden.
Für alle anderen gilt leider: Eine grundsätzliches Recht, sich für gewerkschaftliche oder sonstige ehrenamtliche Tätigkeit von der Arbeit freistellen zu lassen, existiert nicht. Allerdings sehen
viele Tarifverträge explizit einen Anspruch der Arbeitnehmer*innen auf bezahlte Freistellung für die „Teilnahme an Zusammenkünften gewerkschaftlicher Art“ (Ziff. 362.12 des
SWR-Manteltarifvertrages) oder zur „Wahrnehmung und Erfüllung ehrenamtlicher Aufgaben im Berufsverband“ (§ 9 Nr. 10 c MTV für Redakteurinnen und Redakteure an Tageszeitungen) vor. Eine
vergleichbare Vorschrift für den Bereich Zeitschriften findet sich in § 11 Nr. 3 des MTV Zeitschriften.
Aber: Diese Regelungen gelten in aller Regel nur für solche Personen, die ein gewähltes Amt in der Gewerkschaft oder dem Berufsverband innehaben. Beim DJV sind das z.B. die Mitglieder der
Fachausschüsse oder des Landesgesamtvorstandes. Hier stellt im Zweifel die DJV-Geschäftsstelle eine Bestätigung für den Arbeitgeber aus, dass unser Mitglied an einer Veranstaltung teilgenommen
hat.
Selbst für Funktionsträger*innen gilt aber die Einschränkung, dass keine dringenden betrieblichen Erfordernisse entgegenstehen dürfen. Hierfür hat die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung aber sehr
hohe Hürden definiert, die sich vereinfacht auf folgenden Nenner bringen lassen: Wenn nicht wirklich gerade „der Baum brennt“, z.B. bei hochaktuellen Nachrichtenlagen, ist die Freistellung in
aller Regel zu gewähren. „Einfache“ DJV-Mitglieder haben jedoch auch in tarifgebundenen Betrieben keinen Anspruch auf Freistellung.
Dies gilt leider auch für Kolleg*innen in tariflosen Betrieben oder (feste) Freie (mit Ausnahme des SWR). Dennoch gewähren manchmal auch nicht tarifgebundene Arbeitgeber eine Freistellung, einen
Anspruch darauf gibt es aber nicht. Heißt: Die*der Betroffene muss sich in diesem Fall proaktiv an den Arbeitgeber wenden und um die Freistellung bitten, womit sich erfahrungsgemäß viele schwer
tun. Hier unterstützt der DJV seine Mitglieder aber gerne.
Die gute Nachricht zum Schluss: Bei (Warn-) streiks oder sonstigen Arbeitskampfmaßnahmen dürfen selbstverständlich alle Mitarbeiter*innen des bestreikten Betriebes teilnehmen, auch ohne Erlaubnis
des Arbeitgebers. Für die Zeit der Teilnahme am Streik gibt es jedoch keinen Lohn. Allerdings zeigt hier die Erfahrung, dass zumindest bei kurzen Warnstreiks die Betriebe oft den Mehraufwand bei
der Lohnabrechnung scheuen und trotzdem den vollen Lohn auszahlen.
Verlassen sollte man sich darauf aber auf keinen Fall, sondern besser DJV-Mitglied werden, denn nur Gewerkschaftsmitglieder erhalten Streikgeld als Lohnersatzleistung.
Rechtstipp 11/2022 – von Astrid Braun
Was passiert, wenn für den Betriebsrat keine Ersatzmitglieder übrig sind?
Alle vier Jahre finden in der Zeit vom 1. März bis 31. Mai die regelmäßigen Betriebsratswahlen statt. Ein Wahlvorstand wurde bestellt, die Wahl vorbereitet und ordnungsgemäß durchgeführt. Die
Wahl wurde zur Erleichterung aller Beteiligten nicht angefochten, der neue Betriebsrat nimmt die Geschäfte auf. Alles wurde sorgfältig strukturiert, geordnet, geplant und sortiert, und dennoch
passiert es: Ein Mitglied des Betriebsrates scheidet endgültig während seiner Amtszeit aus. Grundsätzlich stellt das noch kein Problem dar, so ist gemäß § 25 Abs. 1 BetrVG gesetzlich geregelt,
dass im Falle des Ausscheidens eines Betriebsratsmitglieds ein Ersatzmitglied automatisch nachrückt. Aber was ist zu tun, wenn keine Ersatzmitglieder mehr übrig sind, die noch nachrücken können?
Solange der Betriebsrat noch in seiner vorgeschriebenen Größe (die vorgeschriebene Zahl von Betriebsratsmitgliedern ergibt sich aus §§ 9, 11 BetrVG) vorhanden ist, schadet es erstmal nicht, dass
keine möglichen Ersatzmitglieder übrig sind. Scheidet aber ein weiteres Betriebsratsmitglied endgültig aus dem Betriebsrat aus und kann folglich nicht ersetzt werden, sinkt die Gesamtzahl der
Betriebsratsmitglieder unter die vorgeschriebene Zahl. In diesem Fall müssen außerhalb des regelmäßigen Zeitraums gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG Neuwahlen stattfinden.
Bei Betriebsräten, die nur aus einem Betriebsratsmitglied bestehen, ist der Fall zwar gleich gelagert, dies jedoch aufgrund einer anderen gesetzlichen Grundlage. Nach der Rechtsprechung findet
keine Neuwahl statt, wenn in einem einköpfigen Betriebsrat das Betriebsratsmitglied oder das Ersatzmitglied dauerhaft ausscheiden (so etwa LAG Hamm 22.8.1990, DB 1990, 2531).
Die Zahl der Betriebsratsmitglieder bleibt auch in diesem Fall nämlich zunächst unverändert. Erst wenn beide ausscheiden, findet eine Neuwahl statt, weil es dann schlicht und ergreifend gemäß §
13 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG überhaupt keinen Betriebsrat mehr gibt.
Ein Rechtstipp ersetzt nicht die umfassende, rechtliche Beratung im Einzelfall. Mitglieder und solche, die es werden wollen, sind herzlich eingeladen bei weiteren Fragen zum Thema
Ersatzmitglieder oder anderen betriebsverfassungsrechtlichen Themen unsere Geschäftsstelle zu kontaktieren.
Rechtstipp 10/2022 – von Gregor Schwarz
Abmahnwelle wegen angeblichem Datenschutzverstoß bei Nutzung von Google Fonts
Seit Anfang dieser Woche erhalten viele Webseitenbetreiber, darunter auch einige (freie) Journalist*innen, Abmahnungen von einem Rechtsanwalt Kilian Lenard aus Berlin bzw. einer Kanzlei RAAG aus
Düsseldorf, die angeblich einen Herrn Martin Ismail oder im zweiten Fall einen Herrn Wang Yu vertreten. In den Anwaltsschreiben wird den Webseitenbetreibern vorgeworfen, dass auf der Webseite
„Google Fonts“ verwendet würde und dabei die IP-Adresse und weitere Daten der Herren, die angeblich die Webseite besucht haben sollen, an Google übertragen wurden. Google Fonts ist ein
interaktives Verzeichnis von über 1.400 Schriftarten, die Google zur freien Verfügung bereitstellt. Jeder kann sie also frei für seine Webseite verwenden, ohne dass dafür Lizenzgebühren fällig
werden. Doch wie so häufig steckt der Teufel im Detail:
Google Fonts bietet nämlich an, diese Schriftarten für die Webseite zu nutzen, ohne dass sie auf den eigenen Server hochgeladen werden müssen. Vielmehr werden beim Aufruf der Seite durch einen
Benutzer die Schriften über einen Google-Server nachgeladen. Dies aber bewirkt, dass Daten an Google übertragen werden – ein Verstoß gegen die DSGVO, so das Urteil des Landgerichts München I
(Az. 3 O 17493/20). Denn der Einsatz der Schriftarten sei auch möglich, ohne dass eine Verbindung von
Besuchern zu Google Servern hergestellt werden muss. Die Weitergabe der IP-Adresse und der damit verbundene Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht seien so erheblich, dass ein
Schadensersatzanspruch gerechtfertigt ist.
Sollten Sie also von einer solchen Abmahnung betroffen sein, heißt es erstmal: Ruhe bewahren! Prüfen Sie, ob auf Ihrer Webseite Google Fonts überhaupt eingesetzt werden und bringen Sie die
Nutzung ggf. in Einklang mit der DSGVO. Wie das konkret funktioniert, ist in verschiedenen Internetforen für die jeweiligen Webseiten-Programme beschrieben. Für das häufig verwendet System
Wordpress gibt es z.B. schon ein Plugin zum kostenlosen Download, das die Einbindung von Google Fonts auf der Webseite rückgängig macht:
https://de.wordpress.org/plugins/disable-remove-google-fonts/#installation
Auf die Anwaltsschreiben sollte zunächst nicht reagiert und das das darin geforderte Schmerzensgeld von ca. 200 Euro nicht bezahlt werden. Denn: Obwohl die Einbindung von Google Fonts tatsächlich
teilweise einen Datenschutzverstoß darstellen kann, dürfte es sich bei der Abmahnwelle um eine Betrugsmasche handeln. Denn es ist sehr unwahrscheinlich, dass die angeblichen Mandanten der
Kanzleien tatsächlich die jeweiligen Webseiten besucht haben. Vielmehr dürften hier sog. Crawler-Software zum Einsatz gekommen sein, die vermeintliche Verstöße automatisch feststellt. Auch
bestehen erhebliche Zweifel an der rechtlichen Begründung und der Höhe der Zahlungsforderungen.
Weitere Infos zu dem Thema gibt es z.B. hier:
https://www.anwalt.de/rechtstipps/update-ra-kilian-lenard-auftrag-martin-ismail-wg-angeblicher-persoenlichkeitsrechtsverletzung-204541.html
https://www.anwalt.de/rechtstipps/raag-kanzlei-google-fonts-und-die-dsgvo-abmahnung-204920.html
https://www.e-recht24.de/google-fonts-scanner
DJV-Mitglieder können sich bei weiteren Fragen zum Thema gerne an uns wenden.
Rechtstipp 09/2022 – von Astrid Braun
Rückforderung der Corona-Soforthilfe: Widerspruchsfrist unbedingt beachten
Die Wetteraussichten für die zweite Jahreshälfte sind nicht gut, denn es regnet derzeit Rückforderungsbescheide von der L- Bank. Worum es geht: Viele freiberuflich tätige Kollegen hatten in den
Jahren 2020 und 2021 Hilfsgelder aus den verschiedenen Corona-Hilfsprogrammen des Landes beantragt. Diese wurden damals recht kurzfristig und „unbürokratisch“ ausbezahlt. Erst jetzt, gut 1 ½
Jahre später, scheinen die Anträge aber nach und nach von der L-Bank überprüft zu werden und leider werden in vielen Fällen Rückforderungen geltend gemacht.
Die sog. „Widerrufs- und Erstattungsbescheide“ enthalten den Widerruf der einst gewährten Zuwendungen aus der Corona Soforthilfe, teilweise sogar in voller Höhe. Zwar wird den Adressaten der
Bescheide zur Rückzahlung eine - nennen wir es großzügige - Frist bis 30.06.2023 gewährt. Allerdings fühlen sich einige zu Unrecht zur Kasse gebeten, sofern aus ihrer Sicht alle Angaben im
Antrag wahrheitsgemäß waren. Zudem sei doch erst die Rede davon gewesen, es handle sich um eine nicht rückzahlbare Zuwendung. Vor allem in den ersten Wochen war zudem noch unklar, ob die Hilfen
nur für Liquiditätsengpässe oder doch auch für Umsatzeinbrüche beantragt werden konnten (wir hatten unsere Mitglieder damals entsprechend informiert).
Wer mit dem Widerrufs- und Erstattungsbescheid nicht einverstanden ist, sollte daher fristgemäß Widerspruch einlegen. Auf allen Bescheiden findet sich folgende Rechtsbehelfsbelehrung:
„Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe bei der Landeskreditbank Baden- Württemberg- Förderbank- (Sitz: Schlossplatz 10, 76131 Karlsruhe/ Postanschrift: 76131
Karlsruhe) Widerspruch eingelegt werden.“
Achtung: Die Widerspruchsfrist hat mit der Frist zur Rückzahlung (s.o.) nichts zu tun. Heißt konkret: Wird die Widerspruchsfrist überschritten, ist der Bescheid rechtskräftig und das Geld muss
auf jeden Fall zurückbezahlt werden!
So ein Monat ist oft auch schneller vorüber, als einem lieb ist. Aus gegebenem Anlass möchten wir daher alle Mitglieder, die Rechtsschutz in Anspruch nehmen möchten, darauf hinweisen, sich
schnellstmöglich, am besten unmittelbar nach Erhalt des Bescheides zur Einlegung eines Widerspruchs mit unserer Geschäftsstelle in Verbindung zu setzen. Jeder Rechtsfall ist ein Einzelfall, die
Abfassung einer Widerspruchsbegründung ist daher sehr zeit- und arbeitsintensiv. Um allen Mitgliedern vollumfassend gerecht zu werden, bedarf es für uns eines gewissen Zeitvorlaufs.
Wir hoffen, dass wir auf Ihre Unterstützung zählen können. Lassen Sie uns gemeinsam für Ihr Geld und Ihre Existenz kämpfen.
Rechtstipp 08/2022 – von Gregor Schwarz
Umsatzsteuer bei Leistungen von freien Journalist*innen
Wer als Freie*r arbeitet, gilt als selbständig tätig und muss für seine Leistungen Rechnungen an die Auftraggeber stellen – so weit, so logisch. Oft
werden wir aber gefragt, ob auf die journalistische Tätigkeit Umsatzsteuer bzw. Mehrwertsteuer anfällt und wenn ja, in welcher Höhe.
Um gleich zu Beginn einen weit verbreiteten Irrtum auszuräumen: „Umsatzsteuer“ und „Mehrwertsteuer“ sind nur verschiedene Begriffe für dieselbe
Steuerart, die offiziell „Umsatzsteuer“ heißt und im „Umsatzsteuergesetz“ geregelt ist. „Mehrwertsteuer“ ist nur ein umgangssprachlicher Begriff, der daher rührt, dass der Unternehmer durch den
Vorsteuerabzug nur für den von ihm erwirtschafteten „Mehrwert“ Umsatzsteuer ans Finanzamt abführen muss. Als freiberufliche*r Journalist*in sollte man aber sowohl auf der Rechnung als auch im
Sprachgebrauch nur den korrekten Begriff „Umsatzsteuer“ verwenden.
Aber wer ist als Freie*r denn jetzt umsatzsteuerpflichtig? Grundsätzlich muss jede*r Selbständige auf Rechnungen an Dritte Umsatzsteuer ausweisen und
diese dann natürlich auch ans Finanzamt abführen. Wer aber unter die Kleinunternehmerregelung fällt, muss keine Umsatzsteuer ausweisen, kann dies aber dennoch tun. Als
Kleinunternehmer gilt, wer mit seiner selbständigen Tätigkeit einen Umsatz (Achtung: nicht Gewinn) von maximal 22.000,- Euro pro Kalenderjahr macht und im Folgejahr nicht perspektivisch
über 50.000,- Euro. Ein großer Vorteil der Kleinunternehmerregelung ist, dass man sich die Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen und Umsatzsteuererklärung spart und natürlich auch für seine
Auftraggeber günstiger ist, da diese keine Umsatzsteuer zahlen müssen.
Nachteil der Kleinunternehmerregelung ist aber, dass man die Umsatzsteuer auf Waren oder Dienstleistungen, die man für die eigene selbstständige
Tätigkeit anschafft, nicht im Rahmen des Vorsteuerabzuges geltend machen kann. Heißt konkret: Wenn ich mir z.B. als Freie*r einen neuen PC kaufe, kann ich die 19% Umsatzsteuer nur dann abziehen,
wenn ich auch auf meinen eigenen Rechnungen Umsatzsteuer ausweise und diese abführe. Auch finden manche, dass man als Kleinunternehmer auf dem Markt weniger professionell wirkt – schließlich wird
ja jedem Rechnungsempfänger sofort klar, dass man mit der Tätigkeit keine hohen Umsätze erzielt. Die Entscheidung, ob man als Kleinunternehmer trotzdem Umsatzsteuer ausweisen möchte, sollte daher
strategisch gut überlegt und im Zweifel mit einem*einer Steuerberater*in besprochen werden.
Wenn ich aber auf meiner Rechnung Umsatzsteuer ausweise, bleibt die Frage nach deren Höhe. Hier gilt: In aller Regel fällt auf journalistische
Tätigkeiten der reduzierte Umsatzsteuersatz von 7 % an. Gem. § 12 Abs. 2 Nr. 7 c UStG gilt dieser für solche Leistungen, die in der Einräumung, Übertragung und
Wahrnehmung von Urheberrechten bestehen. Sobald man also ein urheberrechtlich geschütztes Werk erstellt, sind nur 7 % Umsatzsteuer fällig. Dies ist bei den allermeisten journalistischen Inhalten
wie redaktionellen Texten, Reportagen, Video- oder Radiobeiträgen der Fall. Ausnahmen wären z.B. reine Datensammlungen, ganz einfache Inhalte wie Staumeldungen- oder Sportergebnisse ohne
redaktionelle Aufarbeitung sowie das reine Redigieren von Texten Dritter. In aller Regel lassen es die Finanzämter aber zu, wenn freiberuflich tätige Journalist*innen auf allen Rechnungen 7%
Umsatzsteuer ausweisen, denn im Zweifel gilt dieser Steuersatz als der richtige.
Bei weiteren Fragen rund um die Umsatzsteuerpflicht können sich DJV-Mitglieder gerne an unsere Rechtsberatung wenden – oder natürlich auch an den*die
eigene Steuerberater*in.
Rechtstipp 07/2022 – von Astrid Braun
Steht freien Journalist*innen, Studierenden und Volontär*innen die Auszahlung der Energiepreispauschale zu?
Das Leben ist teuer geworden und ein jeder von uns hat es schmerzlich gespürt, gleichgültig welcher Einkommensstufe er/sie zugehörig ist.
Um die finanziellen Belastungen vieler Haushalte abzufedern, hat die Bundesregierung entsprechend reagiert und die umfangreichen Entlastungspakete 1 und 2 auf den Weg gebracht. Die
Energiepreispauschale (EPP) ist ein Teil dieser Entlastungspakete, die im Steuerentlastungsgesetz 2022 verankert wurden. Infolgedessen sollen alle aktiv tätigen Erwerbspersonen die
Energiepreispauschale als Einmalzahlung in Höhe von 300 Euro erhalten. Doch wer gilt eigentlich als „aktiv tätige Erwerbsperson“ und fallen auch freie Journalist*innen, Studierende oder
Volontär*innen unter diesen Begriff?
Wir klären auf: Unter diesen allgemeinen Begriff fallen nicht nur Arbeitnehmer*innen, sondern auch freie Journalist*innen, die als Selbstständige
i.S.d. § 18 Einkommenssteuergesetz gelten. Arbeitnehmer*innen erhalten die Pauschale mit der Lohnzahlung über den Arbeitgeber. Bei Einkünften aus Landwirtschaft, Gewerbebetrieb oder eben in dem
Fall freiberuflicher Tätigkeit gibt es die Pauschale über eine Kürzung der Einkommenssteuervorauszahlung.
Auszubildende haben ebenso einen Anspruch auf die Energiepreispauschale. Da für Volontär*innen meist die gleichen Vorschriften nach dem Berufsbildungsgesetz gelten wie für Auszubildende, ist
anzunehmen, dass auch diese als Anspruchsberechtigte der EPP gelten. Reine Hochschulstudierende, die sich in keinem entgeltlichen Praktikum befinden und daher nicht als erwerbstätig gelten, haben
allerdings keinen Anspruch auf diese Pauschale.
Das Bundesfinanzministerium hat dazu auf seiner Webseite zum Thema Energiepreispauschale ausführliche und lesbare FAQ´s veröffentlicht, die zum leichteren Verständnis beitragen können.
https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/FAQ/energiepreispauschale.html
Ein Rechtstipp ersetzt nicht die umfassende, rechtliche Beratung im Einzelfall. Mitglieder und solche, die es werden wollen, sind herzlich eingeladen bei weiteren Fragen zur Energiepreispauschale
die Geschäftsstelle zu kontaktieren.
Rechtstipp 06/2022 – von Astrid Braun
Haben Verlage und Rundfunkanstalten ein Recht darauf von mir zu erfahren, wie hoch meine Gesamteinnahmen im Jahr sind?
Möchten freie Journalist*innen u.a. für Verlage im Rahmen eines Auftragsverhältnisses tätig sein, werden sie mittlerweile mit einem sehr umfangreichen Fragenkatalog konfrontiert. Dabei möchte
der/ die Auftraggeber*in insbesondere wissen, ob der Auftragnehmer noch für andere Verlage tätig oder möglicherweise fest angestellt ist, ob er evtl. ALG II bezieht und wie hoch seine
Gesamteinnahmen im Jahr sind. Einige freie Journalist*innen beantworten diese Fragen eher widerwillig. Sie haben das Gefühl, und das ist mehr als nachvollziehbar, völlig unnötig ausgefragt zu
werden und Informationen von sich preisgeben zu müssen, die den Verlag überhaupt nichts angehen dürften. Bis vor einigen Jahren haben noch viele freie Journalist*innen ihre Artikel zum
geforderten Thema verfasst, ohne Umwege an verschiedene Verlage verkauft und das, ohne auch nur ein Schriftstück vorgelegt zu bekommen, geschweige denn unterschrieben haben zu müssen. Diese
sorglose Handhabung hat sich aber später oft gerächt: In der Vergangenheit kamen Verlage und Rundfunkanstalten regelmäßig in rechtliche Schwierigkeiten, weil sie Journalist*innen als
Selbstständige führten, obwohl diese nahezu komplett weisungsabhängig beschäftigt und finanziell von einem/ einer Auftraggeber*in abhängig waren. Stichwort: Scheinselbstständigkeit.
Beziehen freie Journalist*innen nämlich den Großteil Ihrer Einnahmen von einem Verlag, kann dieser unter Umständen verpflichtet sein, Sozialversicherungsbeiträge abzuführen. Tut er dies dann
nicht, ist der Verlag verpflichtet, die nicht abgeführten Beiträge nachzuzahlen. Ferner sind in den meisten Fällen saftige Bußgelder fällig. Um dieses Risiko zu verringern, möchte sich der/die
Auftraggeber*in meist mit einem umfangreichen Fragenkatalog absichern. Nur so lässt sich für ihn/sie rechtzeitig erkennen, wer noch selbstständig ist und bei wem ggf. die Arbeitnehmereigenschaft
angenommen werden muss.
Heißt im Ergebnis: Die Formulare zur Erklärung der Einkünfte etc. sind zwar lästig, dienen aber tatsächlich dazu, Klarheit über eine mögliche Scheinselbständigkeit zu schaffen.
Klar ist aber auch: Wenn ein Verlag sehr regelmäßig die Dienste einer/eines Freien in Anspruch nimmt, ist es durchaus auch denkbar, die Person in ein sozialversicherungspflichtiges
Anstellungsverhältnis zu übernehmen. Das schafft Rechtssicherheit für beide Seiten und erhöht – Stichwort Sozialversicherungsbeiträge - die soziale Absicherung der /des Freien.
Sie möchten sich zum Thema Scheinselbständigkeit beraten lassen? Mitglieder und solche, die es werden wollen, sind herzlich eingeladen, unsere Geschäftsstelle zu kontaktieren.
Rechtstipp 05/2022 – von Gregor Schwarz
Beiträge zum Versorgungswerk der Presse: Doppelt besteuert oder doppelt krankenversicherungspflichtig?
Sehr viele DJV-Mitglieder mit Festanstellung als Redakteur*in und auch viele „feste Freie“ sind beim Versorgungswerk der Presse (oft auch als
„Presse-Versorgung“ bezeichnet) versichert. Kein Wunder, schließlich haben
festangestellte Redakteur*innen an Tageszeitungen durch den allgemeinverbindlichen Altersversorgungs-Tarifvertrag, zusätzlich
zur gesetzlichen Rentenversicherung, eine bemerkenswerte zusätzliche betriebliche Altersvorsorge (Obligatorium). Heißt konkret: Während
der Laufzeit des Arbeitsverhältnisses zahlen Arbeitnehmer (2,5 % des Bruttomonatsgehalts) und Arbeitgeber (5 %) - insgesamt 7,5 % - in eine
Kapital- oder Rentenversicherung bei der Presse-Versorgung ein.
Zum Laufzeitende erhalten die Versicherten, je nach Vereinbarung, eine Einmalzahlung oder lebenslange
Rente.
Die rechtlichen Rahmenbedingungen sehen vor, dass sowohl in der Einzahlungsphase auf die monatlichen Beiträge als
auch bei Ablauf auf die Einmalzahlung oder die lebenslange Rente Krankenversicherungsbeiträge fällig werden. Dagegen hatten die Tarifparteien
viele Jahre lang politisch und juristisch gekämpft, inzwischen ist aber geklärt, dass die Doppelverbeitragung der aktuellen Rechtslage
entspricht. Ein Bestandsschutz für Verträge mit Beginn vor Einführung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen
Krankenversicherung (GMG) zum 1.1.2004, wurde inzwischen rechtskräftig überprüft - mit dem Ergebnis: Leider nein.
Ganz wichtig: Diese Rechtslage gilt nur für Verträge der betrieblichen Altersvorsorge, bei welchen der
Arbeitgeber Versicherungsnehmer ist. Neben dem Obligatorium sind auch Firmendirektversicherungen mit monatlicher Zahlweise betroffen, bei denen die Beiträge gemäß § 40 b EStG pauschal
versteuert werden. Betroffen sind zudem nur gesetzlich Krankenversicherte. Bevor eine Meldung an die Krankenkasse erfolgt, rechnet die Presse-Versorgung die nicht meldepflichtigen Zeiten exakt
heraus. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn Sie Ihre obligatorische Versicherung zwischendurch privat fortgeführt haben und auch selbst in dieser Zeit Versicherungsnehmer*in
waren.
Private Verträge, zu welchen Sie selbst Versicherungsnehmer*in sind, beispielsweise eine private
Rentenversicherung, sind von der Doppelverbeitragung ausgenommen – allerdings gibt es für diese eben auch keine Zuschüsse vom Arbeitgeber. Oft verwechselt wird die Krankenversicherungspflicht mit
der Frage der Besteuerung. Um dieses Gerücht endgültig aus der Welt zu räumen: Eine doppelte Besteuerung der Beiträge zur Presseversorgung darf es rechtlich nicht geben – und gibt es in der
Praxis auch nicht. Verträge, die vor dem 1.1.2005 (Einführung des Alterseinkünftegesetzes) abgeschlossen wurden, sind in der Regel ohnehin bei Ablauf steuerfrei. Lebenslange Renten werden bei
diesen Verträgen mit dem niedrigen Ertragsanteil besteuert.
Wie sich die Auszahlungen aus den jeweiligen Verträgen der Versicherten der Presse-Versorgung
steuerlich und im Verhältnis zu anderen Rentenbezügen, beispielsweise aus der gesetzlichen Rentenversicherung, auswirken, muss jeweils im Einzelfall geklärt werden. Hierzu sollten sich Betroffene
z.B. an eine*n Rentenberater*in der Deutschen Rentenversicherung oder alternativ an eine Steuerberater*in mit entsprechendem sozialrechtlichen Tätigkeitsschwerpunkt wenden. Denn so gerne wir hier
für die DJV Rechtsberatung werben: Eine Einzelfallberatung zu Rentenversicherungsthemen können und dürfen die DJV-Juristen nicht leisten, dafür ist die Materie zu speziell und sind die
Einzelfälle zu unterschiedlich.
Im Ergebnis bleibt festzuhalten: Auch wenn die gesetzlichen Rahmenbedingungen - gemäß aktueller
Rechtslage - zu einer Doppelverbeitragung bei gesetzlich Krankversicherten führen, sind die Versicherten der Presse-Versorgung im Alter und bei Berufsunfähigkeit und ihre Hinterbliebenen im
Todesfall zu sehr guten Konditionen versichert.
Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage der Presse-Versorgung unter:
https://www.presse-versorgung.de/
Rechtstipp 04/2022 – von Astrid Braun
Kann man sein Volontariat vorzeitig beenden?
Manchmal will einfach die Zeit nicht schnell genug vergehen! Die letzten Monate des Volontariats gehen nur schleppend voran und Sie müssen sich mit lästigen Aufgaben beschäftigen, die Sie bereits
im Schlaf beherrschen und die keinerlei Lerneffekt mehr mit sich bringen. Am liebsten würden Sie Ihre Ausbildung abkürzen und direkt ins lang ersehnte Berufsleben starten. Doch ist das überhaupt
möglich? Kann man sein Volontariat einfach so vorzeitig beenden und trotzdem einen Abschluss in der Tasche haben?
„Einfach so“ verkürzen geht leider nicht: In der Regel dauert ein Volontariat 24 Monate, kann aber auf bis zu 15 Monate verkürzt werden. Eine Verkürzung ist bspw. bei einer herausragenden Eignung
oder langjährigen Berufserfahrung des*der Volontär*in möglich, generell fußt sie aber in einer beidseitig mit dem Arbeitgeber abgeschlossenen Vereinbarung. Wichtig ist dabei vor allem, dass
nachweislich schon innerhalb dieser 15 Monate alle erforderlichen Voraussetzungen des Volontariats erfüllt und alle wesentlichen Inhalte weitergegeben wurden. Um diesem Nachweis hinreichend zu
genügen, sollte dies bestenfalls im Volontariatszeugnis vermerkt sein, damit auch andere Unternehmen, Verlage oder Rundfunkanstalten, bei denen Sie sich einmal bewerben, Ihre verkürzte Ausbildung
als vollwertigen Abschluss anerkennen.
Und da wir gerade das Thema anschneiden: Das Volontariat ist zwar keine klassische Berufsausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes (BBiG), sondern ein sog. anderes Vertragsverhältnis gemäß §
26 BBiG. Das bedeutet, Volontär*innen haben, wie auch jede*r Auszubildende, einen Anspruch auf Ausstellung eines Zeugnisses, § 16 BBiG. Nicht selten stellen sich die Arbeitgeber dabei quer oder
behaupten, dass man ein solches Zeugnis nicht brauche, da man ja ohnehin nach dem Volontariat im Hause bleibe. Das ist vollkommen irrelevant! Sie wissen nicht, was morgen oder in fünf Jahren ist
und wo Sie dann arbeiten werden. Für die Bewerbung in anderen Häusern sollten Sie aus Professionalitätsgesichtspunkten sowohl ein Arbeitszeugnis als auch ein Volontariatszeugnis vorlegen können.
Fordern Sie daher bitte ein Zeugnis mit Beschreibung des Ausbildungsinhaltes und Ihrer erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten, sowie einer ausführlichen Leistungs- und Verhaltensbeurteilung aktiv
ein.
Was Sie auf keinen Fall tun sollten, ist überstürzt in dem Irrglauben kündigen, dass zumindest Ihr bis dahin absolviertes Volontariat anerkannt wird. Wer ohne anderslautende Vereinbarung mit dem
Arbeitgeber die Ausbildung zum Beispiel durch Kündigung vorzeitig beendet, erlangt nicht den Status eines „fast ausgebildeten Journalisten“, sondern hat das Volontariat vorerst ohne Abschluss
beendet.
Sie sind Volontär*in und brauchen Hilfe bei der Verhandlung mit dem Arbeitgeber über eine Verkürzung des Volontariats oder bei der Bewertung Ihres Zeugnisses?
Mitglieder und solche, die es werden möchten, sind herzlich eingeladen, unsere Geschäftsstelle zu kontaktieren. Wir helfen gerne weiter!
Rechtstipp März 2022: Gründung eines Betriebsrats – von Gregor Schwarz
Sie haben keinen Betriebsrat? Gründen Sie doch einen!
Gerade jetzt in den Monaten März – Mai 2022 laufen deutschlandweit die Wahlen zum Betriebsrat, die alle vier Jahre stattfinden. In allen Betrieben? Nein,
natürlich nur in denen, die schon einen Betriebsrat haben. Manch eine*r mag sich also derzeit fragen, warum es ausgerechnet bei ihrem*seinem Arbeitgeber keine Mitarbeitervertretung gibt und was
man dagegen tun kann. Die Antwort ist recht einfach: Gründen Sie doch eine, denn die Initiative muss immer von der Belegschaft ausgehen.
Wir wollen das bei uns im Betrieb angehen - was ist zu tun?
Möglich ist die Wahl eines Betriebsrates dann, wenn mindestens fünf wahlberechtigte Personen in dem Betrieb arbeiten. Wahlberechtigt ist, wer mindestens
16 Jahre alt und seit drei Monaten angestellt ist, wobei Auszubildende oder Aushilfen mitzurechnen sind. Wer länger als sechs Monate angestellt und
volljährig ist, kann sich in den Betriebsrat wählen lassen, das müssen mindestens drei Angestellte im Betrieb sein. Die erstmalige Wahl kann jederzeit durchgeführt werden, die erste Amtszeit des
Betriebsrates verkürzt sich dann lediglich bis zur nächsten Wahl im gesetzlichen Turnus (2022, 2026, 2030 etc.).
Um das Verfahren anzustoßen, laden mindestens drei wahlberechtigte Personen zu einer Betriebsversammlung ein. Das geht relativ formlos, z.B. mit einer
Rundmail an alle Kolleg*innen, einem Flugblatt oder einfach per Mund-zu-Mund-Propaganda. Auf der Betriebsversammlung wird aus dem Kreis der Beschäftigten ein Wahlvorstand gewählt, der aus
mindestens drei Personen besteht und die Durchführung der Betriebsratswahl organisiert. Wie diese dann konkret abzulaufen hat, hängt von der Größe des Betriebes, also der Gesamtzahl der
Beschäftigten ab. Bei Betrieben mit bis zu 100 wahlberechtigten Beschäftigten – das dürfte bei den Arbeitgebern im journalistischen Bereich die Mehrheit sein – reicht das sog. vereinfachte
zweistufige Wahlverfahren aus. Hierbei können in der ersten Versammlung nach der Wahl des Wahlvorstandes auch gleich die Kandidat*innen benannt und die Wahl ausgeschrieben werden. Schon sieben
Tage später kann in einer zweiten Versammlung geheim gewählt werden.
Sollte der Betrieb mehr als 100 wahlberechtigte Mitarbeiter*innen haben, ist das Wahlverfahren komplizierter. Auch gilt es hier, verschiedene gesetzlich
vorgegebene Fristen zu beachten, damit die Wahl ihre Gültigkeit hat. In diesem Fall, aber auch sonst, können sich DJV-Mitglieder an die Geschäftsstelle wenden, die gerne beim Wahlverfahren
unterstützt.
Aber mache ich mich damit nicht unbeliebt beim Chef? Der will das doch bestimmt nicht!
Um es ganz klar zu sagen: Die Gründung eines Betriebsrates ist ein gesetzlich verbrieftes Recht der Arbeitnehmer*innen. Weder muss der Arbeitgeber der
Gründung zustimmen, noch darf er diese aktiv verhindern oder erschweren, im Gegenteil würde er sich damit sogar strafbar machen. Selbstverständlich sind auch Nachteile für die handelnden
Mitarbeiter*innen wie Gehaltskürzung, Zwangsversetzung, Nichtberücksichtigung bei Beförderungen oder ähnliche Eskapaden absolut tabu. Im Gegenteil gibt es aber sogar viele Arbeitgeber, welche die
Gründung eines Betriebsrates gutheißen und unterstützen, weil in ihm die verschiedenen Interessen der Mitarbeiter*innen gebündelt werden und die Unternehmensleitung einen direkten Ansprechpartner
in der Belegschaft bekommt. Nicht zuletzt steigert ein Betriebsrat nachweislich die Zufriedenheit der Angestellten mit dem Arbeitsplatz, was
natürlich auch ganz im Interesse der Chefs sein sollte.
Der Betriebsrat ist gewählt. Und was macht er jetzt eigentlich genau?
Betriebsräte müssen vom Arbeitgeber über die Vorgänge im Betrieb lückenlos informiert werden und haben in
vielen Bereichen auch ein konkretes Recht zur Mitbestimmung, zum Beispiel bei Umstrukturierungen, Stellenabbau, Änderungen im betrieblichen Ablauf wie Pausen- und Urlaubsregelungen und vielem
mehr. Auch sind oftmals Kündigungen von Mitarbeitenden nur mit Zustimmung des Betriebsrates möglich. Dieser wacht auch über die Einhaltung von Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder
gesetzlichen Anforderungen wie z.B. beim Arbeitsschutz. Insgesamt vertritt er die Interessen der Arbeitnehmer gegenüber der Chefetage – und ist damit ein echter Rückhalt für alle
Kolleg*innen.
Klingt ja ganz gut, aber wer hält mir als Betriebsrat den Rücken frei?
Je nach Größe des Betriebes können Betriebsratsmitglieder für die Betriebsratsarbeit (anteilig) von der Arbeit freigestellt werden, auch besteht für sie ein besonderer Kündigungsschutz. Neu
gewählte Betriebsräte können sich in verschiedenen Seminaren, die übrigens während der Arbeitszeit stattfinden und vom Arbeitgeber bezahlt werden müssen, das nötige Wissen für ihre Arbeit
aneignen. Danach ist der DJV Ihr kompetenter Ansprechpartner bei Fragen rund um die Betriebsratsarbeit. Sie sehen, wir lassen Sie nicht alleine. Also: Nur Mut!
Rechtstipp Februar 2022: Änderungen bei Betriebsratswahlen - von Astrid Braun
Ab dem 1. März finden in ganz Deutschland wieder Betriebsratswahlen statt. Was hat sich durch das am 14.06.2021 verabschiedete
Betriebsrätemodernisierungsgesetz im Vergleich zu den Wahlen vor vier Jahren geändert?
Nachfolgend eine Auflistung aller Änderungen, die es nun im aktuellen Wahlverfahren zu beachten gilt:
1. Das aktive Wahlrecht besteht nunmehr ab Vollendung des 16. Lebensjahres, § 7 BetrVG. Um kandidieren und sich
wählen lassen zu können (sog. passives Wahlrecht) ist weiterhin die Vollendung des 18. Lebensjahres erforderlich, § 8 Abs. 1 BetrVG.
2. Der Schwellenwert zur Anwendung des vereinfachten Wahlverfahrens
(beinhaltet kürzere Fristen und Personenwahl) wurde obligatorisch auf 100 Arbeitnehmer*innen angehoben. Zuvor lag die Grenze bei 50 Arbeitnehmer*innen, § 14a Abs. 1 BetrVG.
3. In Betrieben mit bis zu 20 Beschäftigten sind von nun an keine Stützunterschriften für Wahlvorschläge mehr
nötig, davor waren es zwei. Erst in Betrieben mit 21 bis 100 Beschäftigten braucht es mindestens zwei Stützunterschriften, § 14 Abs. 4 BetrVG.
4. Vergleichbar der Neuregelung für Betriebsratssitzungen, aber in wesentlich enger gefassten Grenzen darf nun
auch die Teilnahme an Sitzungen der Wahlvorstände mittels Telefon- oder Videokonferenz erfolgen, § 1 Abs. 4 WO (Erste Verordnung zur Durchführung des Betriebsverfassungsgesetzes- Wahlordnung)
5. Vor der Gesetzesänderung war eine Berichtigung der Wählerliste bei offensichtlichen Fehlern nur bis zum Tag
vor Beginn der Stimmabgabe zulässig, nun ist diese Frist konkret bis zum Ende der Stimmabgabe zulässig.
6. Vor der Gesetzänderung konnten Briefwahlunterlagen nur auf Verlangen der Wähler versandt werden. Da die Zahl
an außerhalb der Betriebe arbeitenden Beschäftigten aber enorm gestiegen ist, sind dementsprechend die Möglichkeiten zur Briefwahl erweitert worden. Der Wahlvorstand hat länger abwesenden
Mitarbeiter*innen deshalb unaufgefordert die Briefwahlunterlagen zuzusenden, § 24 Abs. 2 WO.
7. Zukünftig bedarf es bei den Betriebsratswahlen in Präsenz keiner Briefumschläge mehr. Diese gibt es nur noch
im Rahmen des Briefwahlverfahrens.
8. Neu ist auch der Zeitpunkt der Auszählung der Briefwahlstimmen. Die Briefwahlstimmzettel werden nun zu Beginn
der öffentlichen Sitzung zur Stimmauszählung gefaltet in die Wahlurne gelegt und dann gemeinsam mit den übrigen Stimmzetteln ausgezählt, § 26 Abs. 1 WO.
9. Die Möglichkeiten zur Anfechtung der Wahl sowohl für den Arbeitgeber als auch für die Arbeitnehmer wurden
enger gefasst, § 19 Abs. 3 BetrVG. Intention dieser Änderung war in erster Linie das Interesse einer größeren Rechtssicherheit.
10.
Schließlich wurde der Schutz vor ordentlichen Kündigungen ausgedehnt und erfasst unter bestimmten Bedingungen nicht nur Betriebsratsmitglieder, sondern auch Arbeitnehmer*innen, die in einem
betriebsratslosen Betrieb die erstmalige Wahl konkret vorbereiten, § 15 Abs. 3b KSchG.
Wir wünschen bei den Betriebsratswahlen 2022 viel Erfolg!
Im aktuellen Wahlverfahren haben sich in Ihrem Betrieb Fragen ergeben? Mitglieder und solche, die es werden möchten, sind herzlich eingeladen unsere Geschäftsstelle zu kontaktieren. Wir helfen
gerne weiter!
Rechtstipp Januar 2022: Recht auf Teilzeit nach der Elternzeit - von Astrid Braun
Kann ich von meinem Arbeitgeber verlangen, mir eine Teilzeitstelle anzubieten, wenn ich aus der Elternzeit zurückkehre?
Grundsätzlich haben Sie bei der Rückkehr aus der Elternzeit einen Anspruch auf die gleiche Stelle wie vor der Elternzeit. Waren Sie vor der Elternzeit in
Vollzeit tätig, muss Ihnen der Arbeitgeber bei Ihrer Rückkehr deshalb auch nur eine Vollzeitstelle anbieten, und das selbst dann, wenn Sie bereits während der Elternzeit in Teilzeit tätig gewesen
sind.
Für junge Mütter und Väter wird dadurch der Wiedereinstieg in den Job nahezu unmöglich gemacht, da es in den meisten Fällen schlichtweg unrealistisch
ist, sowohl einer 100-Prozent-Stelle als auch der Betreuung eines oder mehrerer Kleinkinder gerecht zu werden. Natürlich gibt es auch Haushalte, in denen Großeltern einiges auffangen können.
Diese sind allerdings oft auch selbst noch berufstätig (das Rentenalter wird bekanntermaßen stufenweise auf 67 angehoben) oder wohnen weit entfernt.
Der Gesetzgeber hat aber das genannte Problem erkannt und deshalb bereits zum 01.01.2019 den § 9a Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) geschaffen, der
der breiten Öffentlichkeit unter dem Begriff „Brückenteilzeit“ bekannt sein dürfte. Hat Ihr Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden und sind im Betrieb in der Regel mehr als 45
Arbeitnehmer tätig, haben Sie die Möglichkeit, diese Brückenteilzeit in Anspruch zu nehmen: In diesem Fall arbeiten Sie befristet in Teilzeit und stocken nach einem vorher festgelegten Zeitraum
Ihre Stunden wieder auf. Dabei müssen Sie mindestens ein Jahr und höchstens fünf Jahre in diesem verringerten Zeitraum arbeiten.
Den Antrag auf Brückenteilzeit müssen Sie spätestens drei Monate vor deren geplanten Beginn in Textform (E-Mail reicht) bei Ihrem Arbeitgeber einreichen,
damit er noch auf die veränderten Umstände reagieren kann. Haben Sie Ihr Verlangen rechtzeitig und formwirksam mitgeteilt, muss der Arbeitgeber Ihrem Antrag nachkommen, soweit keine betrieblichen
Gründe entgegenstehen. Betriebliche Gründe wären bspw., wenn durch die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, der Arbeitsablauf oder die Sicherheit des Betriebs wesentlich beeinträchtigt
wären oder unverhältnismäßige Kosten verursachen würden. Er kann Ihr Verlangen ferner ablehnen, wenn in Ihrem Betrieb mehr als 45, aber weniger als 200 Arbeitnehmer angestellt sind und bereits
eine gewisse Anzahl an Arbeitnehmern Brückenteilzeit in Anspruch genommen hat. § 9a Abs. 2 TzBfG enthält hierzu eine Auflistung, gestaffelt nach der genauen Arbeitnehmerzahl.
In Betrieben, die weniger als 45 Mitarbeiter haben, bleibt noch die Möglichkeit, die Arbeitszeit gem. § 8 TzBfG dauerhaft zu reduzieren. Die Kriterien
sind ansonsten dieselben wie bei der Brückenteilzeit, aber natürlich mit einem großen Haken: Hier wirkt die Reduzierung dauerhaft. Heißt konkret: Wer einmal eine Reduzierung auf z.B. 50%
beantragt hat, kann zumindest ohne die Zustimmung des Arbeitgebers nicht mehr auf Vollzeit zurückkehren.
Ein Rechtstipp ersetzt nicht die umfassende Rechtsberatung im konkreten Einzelfall. Mitglieder und solche, die es werden wollen, sind herzlich
eingeladen, bei Fragen rund um den Wiedereinstieg unsere Geschäftsstelle zu kontaktieren.
DJV Rechtstipp Dezember 2021 - von Astrid Braun und Gregor Schwarz
Rückmeldeverfahren zur Corona-Soforthilfe
Seit Mitte Oktober versendet die L‑Bank Anschreiben an alle Empfänger*innen der Corona- Soforthilfe aus dem Frühjahr 2020 (Antragszeitraum April – August 2020), mit der Bitte um Angabe von
zusätzlichen Daten. Grund dieser Anfrage ist, dass die damaligen Anträge „unbürokratisch“ und daher wenn überhaupt nur sehr oberflächlich auf Richtigkeit überprüft wurden, um eine
schnellstmögliche Auszahlung an die Empfänger*innen möglich zu machen. Diese Überprüfung findet nun nachträglich statt und führt, wie bei der Antragsstellung erwähnt wurde, zu eventuellen
Rückzahlungsverpflichtungen.
Ganz wichtig: Geben Sie unbedingt Ihre Rückmeldung fristgerecht bis zum 19.12.2021 ab und machen Sie darin korrekte Angaben. Es kann ansonsten der gesamte Zuschuss zurückgefordert werden und
Sie riskieren ggf. sogar ein strafrechtliches Verfahren wg. Subventionsbetruges.
Achtung, Änderung: Die Frist im Rückmeldeverfahren ist auf den 16. Januar 2022 verlängert worden.
Da einigen Mitgliedern dieses
Online-Rückmeldeverfahren unter Strafandrohung verständlicherweise Probleme bereitet, möchten wir Ihnen hier eine Hilfestellung geben, damit Sie die von der L-Bank benötigten Daten fristgerecht
absenden können.
In Ihrem Anschreiben von der L-Bank werden zwei verschiedene Optionen angegeben, wie Sie die Daten eingeben können:
Option 1: Über Ihren PC oder
Option 2: Mittels Smartphone und dazugehörigem QR-Code,
wobei wir im Rahmen dieses Rechtsstipps vorerst nur auf Option 1 eingehen werden.
Hier die Herangehensweise:
1. Gehen Sie auf die Webseite https://www.l-bank.de/rueckmeldeverfahren-soforthilfe
2. Dort müssen Sie unter der Überschrift „Ihre Daten“ zunächst Folgendes eingeben:
a)
Ihren personalisierten Link, den Sie auf Seite 2 Ihres Anschreibens finden
b)
Ihre Prüfzahl, ebenfalls ersichtlich auf Seite 2 des Anschreibens
c)
„Soforthilfe wurde ausgezahlt an“ ______
èhier eingeben, ob Sie eine natürliche oder juristische Person sind (bei
Solo-Selbständigen in aller Regel Ersteres). Je nachdem müssen Sie dann noch Ihre Steuer-ID und/oder Steuernummer, Ihr Geburtsdatum oder Gründungsdatum eingeben.
d)
„Tatsächlicher Rückzahlungsbedarf“
èHier klicken Sie auf den darunter stehenden Link
„Berechnungshilfe zur Ermittlung Ihres Rückzahlungsbedarfs“. Sie kommen dann auf die Seite
https://wm.baden-wuerttemberg.de/de/service/foerderprogramme-und-aufrufe/liste-foerderprogramme/soforthilfe-corona/
Dort finden Sie ein ausführliches FAQ zu allen Fragen rund um das Rückmeldeverfahren, das viele Fragen beantwortet (z.B. unter 5.6, welche Einnahmen und Ausgaben in die Berechnungshilfe
eingetragen werden dürfen).
èUnter Punkt 5.3 klicken Sie auf
„Berechnungshilfe“ und werden weitergeleitet zu
https://wm.baden-wuerttemberg.de/de/service/foerderprogramme-und-aufrufe/liste-foerderprogramme/soforthilfe-corona/berechnungshilfe-soforthilfe-corona/
èDort erscheint zunächst ein Fragebogen, den Sie bitte
vollständig ausfüllen. Gefragt wird dort u.a. nach Ihrer „VorgangID“ (diese finden Sie im Brief der L-Bank zum Rückmeldeverfahren oder in Ihrem Bewilligungsbescheid rechts oben).
èHaben Sie den Fragebogen vollständig ausgefüllt
klicken Sie unten auf „Daten übernehmen und zur Berechnungshilfe wechseln.“ Sie werden dann zur nächsten Seite weitergeleitet.
èDort finden Sie eine bunte Tabelle, sortiert nach
Einnahmen und Ausgaben sowie den Monaten des Antragszeitraums. Wenn Sie dort alle Daten eingegeben haben, erscheint im untersten Feld die Summe des Rückzahlungsbedarfs. Diese Summe geben Sie dann
auf der ersten Seite in das Feld „Tatsächlicher Rückzahlungsbedarf“ ein.
3. Haben
Sie alles vollständig eingetragen, klicken Sie auf „Absenden“. Wir empfehlen dringend, die Seite aus Nachweisgründen vorher auszudrucken und gut aufzubewahren.
Falls Sie darüber hinaus noch individuelle Fragen zu Ihrer Rückmeldung haben sollten, die sich nicht über die o.g. FAQ klären lassen, können Sie sich an die DJV-Geschäftsstelle wenden. Allerdings
bitten wir um Verständnis, dass wir Fragen steuerlicher oder betriebswirtschaftlicher Natur (z.B. welche Ausgaben in welcher Höhe zu den Betriebsausgaben zählen) nicht beantworten können bzw.
dürfen. Bitte wenden Sie sich diesbezüglich ggf. an Ihre*n Steuerberater*in.
Auch möchten wir darauf hinweisen, dass Sie in der Regel keine strafrechtlichen Konsequenzen zu befürchten haben, falls Sie in Ihrem Erstantrag versehentlich bzw. aus Unkenntnis falsche
Angaben gemacht haben sollten. Der Tatbestand des (Subventions-) betruges setzt immer einen Vorsatz voraus, der nur dann vorliegen könnte, falls Sie im Antrag bewusst und wissentlich falsche
Angaben gemacht haben, um sich die Zahlung zu erschleichen.
Wir hoffen, Ihnen hiermit die Sorge vor dem Rückmeldeverfahren etwas genommen zu haben und wünschen Ihnen viel Erfolg bei Ausfüllen der Formulare. Wir werden uns als DJV gemeinsam mit anderen
Berufsverbänden auch auf politischer Ebene dafür einsetzen, dass Solo-Selbständige im Rahmen des Rückmeldeverfahrens nicht benachteiligt werden, zumal das mögliche Rückzahlungsverlangen mitten in
der vierten Welle für viele Kolleg*innen zur Unzeit kommt.
DJV Rechtstipp November 2021 - von Gregor Schwarz
Gilt die Testpflicht auch für Journalist*innen, die von Veranstaltungen berichten?
Seit dem 24.11.2021 gilt in Baden-Württemberg die Corona-Alarmstufe II. Danach gilt bei Veranstaltungen wie Theater-, Opern- und Konzertaufführungen, Filmvorführungen, Stadt- und Volksfeste,
Stadtführungen und Informations-, Betriebs-, Vereins- sowie Sportveranstaltungen die 2G+ Regelung. Heißt: Alle Besucher solcher Veranstaltungen müssen zusätzlich zu einem aktuellen Impf- oder
Genesungsnachweis einen tagesaktuellen Schnell- oder PCR-Test vorlegen, wobei nur Tests von anerkannten Teststationen mit Zertifikat anerkannt werden und keine selbst durchgeführten Schnelltests.
Vielfach erreicht uns daher in diesen Tagen die Frage, ob auch diejenigen Kolleg*innen, die von solchen Kultur- oder Sportveranstaltungen berichten, trotz Impfung oder Genesungsstatus einen
tagesaktuellen Test vorlegen müssen. Für viele, die vor allem in ländlichen Regionen mit wenigen Teststationen arbeiten, wäre das kaum realisierbar.
Das Gesundheitsministerium BW hat uns auf Nachfrage dazu Folgendes mitgeteilt:
„Für Journalistinnen und Journalisten gilt die neu in § 28b Absatz 1 IfSG eingeführte 3G-Nachweisregel, sofern sie Beschäftigte oder Selbstständige sind, vgl. auch § 5 Absatz 5 CoronaVO.
Sofern sie als Soloselbstständige tätig sind, gilt die 3G-Pflicht des § 28b Absatz 1 IfSG über die Verweisung in § 18 CoronaVO. Vor diesem Hintergrund müssen Journalistinnen und Journalisten,
sofern sie Dienstgeschäfte wahrnehmen, keine weiteren Zutrittsregelungen etwa bei Veranstaltungen o.ä. erfüllen.“
Heißt im Klartext: Keine zusätzliche Testpflicht für Journalist*innen, die von Veranstaltungen berichten! Wir empfehlen unseren Mitgliedern, sich mit dem Presseausweis auszuweisen und bei
etwaigen Nachfragen auf die o.g. Regelung zu verweisen.
DJV Rechtstipp Oktober 2021
- von Astrid Maier
Kann ich von meinem Auftraggeber weitere Honorarzahlungen für die mehrfache Nutzung meiner Beiträge verlangen?
Grundsätzlich kommt es ganz darauf an, was mit dem Auftraggeber vertraglich vereinbart wurde. Der Urheber kann dem Auftraggeber einfache, ausschließliche sowie
räumlich, inhaltlich und zeitlich beschränkte Nutzungsrechte einräumen. Der Umfang dieser Rechteinräumung spiegelt sich dann (bestenfalls) im entsprechenden Honorar wider.
Mittlerweile wird häufig vereinbart, dass trotz mehrfacher Verwendung alle noch entstehenden Honoraransprüche mit einer einmaligen Pauschalvergütung abgegolten sein
sollen (sog. „Total-Buy-Out“-Verträge).
Viele Vertragsentwürfe, die Freie von Verlagen vorgelegt werden, nennen eine große Anzahl an Verlagsprodukten, in denen die Inhalte ebenfalls (zweit-) verwertet
werden können. Hier lohnt sich oft ein Blick ins Kleingedruckte, ob ich z.B. wirklich möchte, dass mein Artikel auf einer Dating-Plattform oder zur Werbung für Leserreisen verwendet werden
kann.
Darf aber laut Vereinbarung das Werk nur einmal verwendet werden, würde die Zweitverwendung eine Urheberrechtsverletzung darstellen, für die ein Anspruch auf
Schadensersatz in Höhe des angemessenen Honorars entstehen würde (im Zweitdruck ist das immer etwas weniger als im Erstdruck).
Doch was tun, wenn tatsächlich überhaupt nichts vereinbart wurde? In diesem Fall ist einzig und allein durch Auslegung der eigentliche Vertragszweck zu ermitteln,
also was tatsächlich von den Parteien gewollt war (§ 31 Abs. 5 UrhG).
Selbstverständlich funktioniert eine solche Art der Auslegung nur, wenn beide Parteien den gleichen, vertraglichen Zweck im Sinn haben. Besteht zwischen ihnen
darüber Uneinigkeit, kann es allerdings mangels wirklich vorliegender Vereinbarung zu Beweisschwierigkeiten kommen. Daher der niemals aus der Mode kommende Ratschlag: Am besten alles schriftlich
vereinbaren!
Unsere Mitglieder können jederzeit auf uns zukommen für entsprechende Formulierungsvorschläge.
DJV Rechtstipp September 2021 – von Gregor Schwarz
Darf der Arbeitgeber seine Mitarbeiter*innen nach ihrem Impfstatus fragen?
Mehrheitlich war man sowohl in der Politik als auch in der Bevölkerung dagegen, eine einheitliche Impfpflicht am Arbeitsplatz einzuführen. Doch wie sieht es aus mit der Abfrage des Impfstatus?
Darf der Arbeitgeber seine Mitarbeiter*innen dazu befragen, ob sie geimpft oder genesen sind?
Hier gilt aktuell: Gezielt fragen darf der Arbeitgeber nicht!
Aber: Am 10.09.2021 ist die Ergänzung der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung in Kraft getreten, in der es u.a. in Artikel 1 Nr. 2 b) der Änderungsverordnung heißt:
„Bei der Festlegung und der Umsetzung der Maßnahmen des betrieblichen Infektionsschutzes kann der Arbeitgeber einen ihm bekannten Impf- oder Genesungsstatus der Beschäftigten
berücksichtigen.“
Gibt der Beschäftigte den Impfstatus also aus eigenen Stücken preis oder erlangt der Arbeitgeber auf anderem Wege Kenntnis vom Impf- oder Genesungsstatus, kann er auf Grundlage dieser Kenntnis
Maßnahmen am Arbeitsplatz durchführen, zum Beispiel in Form von Lockerungen der im Betrieb bestehenden Belegungs- und Sitzplatzregelungen.
Rechtlich zwar nicht unzulässig, aber dennoch bedenklich ist allerdings die Handhabung, die*den Mitarbeiter*in auf die Möglichkeit der freiwilligen Statusangabe hinzuweisen und dann bei
weitreichender Kenntnis über genug Mitarbeiter*innen einzelne Räumlichkeiten komplett wieder im Normalbetrieb zuzulassen, andere Räumlichkeiten jedoch nicht. Hierdurch gerät die*der
Mitarbeiter*in eine Drucksituation, die ja gerade verhindert werden soll. Innerhalb der Belegschaft kann es zu Schlussfolgerungen kommen, wer nun welchen Status hat oder haben könnte.
Dies kann nicht nur das Betriebsklima gefährden, sondern es könnten sich auch Mitarbeiter*innen in die Enge getrieben fühlen, was indirekt einer Auskunftsplicht nahezu gleichkäme. Zumal es nach
wie vor auch Menschen gibt, die sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen können.
Fazit: Auch eine Auskunftspflicht „durch die Hintertür“ ist nicht zulässig. Betroffene Mitglieder können sich in solchen Fällen gerne an die Geschäftsstelle wenden.
Unabhängig davon empfiehlt der DJV Baden-Württemberg aber allen seinen Mitgliedern, sich wenn medizinisch möglich gegen Corona impfen zu lassen, denn nur so lässt sich die Pandemie endgültig
besiegen.
DJV Rechtstipp August 2021 - von Astrid Maier
Muss ich mich auf meine eigene Stelle neu bewerben, wenn es der Arbeitgeber verlangt?
Kurz und bündig: Nein, das müssen Sie nicht.
In letzter Zeit erreichten uns gehäuft und aus allen Richtungen Rechtsanfragen zu diesem Thema. Aus gegebenem Anlass möchten wir Sie nun aufklären:
Viele Unternehmen möchten und müssen allmählich mit der Zeit gehen und gewisse Wandel und Umstrukturierungen vollziehen. Die Intention, weiterhin in dieser modernen und schnelllebigen Welt
bestehen zu können und gleichzeitig Arbeitsplätze zu sichern, ist vom Grundgedanken her richtig und nachvollziehbar. Allerdings verfolgen einige Arbeitgeber ihre Ziele auf eine recht
hinterlistige Art und Weise, die wieder in Mode gekommen zu sein scheint:
Anstatt gegenüber dem Mitarbeiter offen anzusprechen, dass sie eine Änderung des Arbeitsvertrages anstreben, verlangen sie, sich auf eine (meist) abgeänderte Stellenbeschreibung neu zu bewerben.
Dies tun sie wohl in dem Wissen, dass eine Änderung des Arbeitsvertrages für gewöhnlich nicht einseitig verlangt werden kann, sondern nur einvernehmlich mit dem Mitarbeiter.
Eine Neubewerbung und damit letztendlich der Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages hat weitgehende Folgen: Erneute Probezeit, kürzere Kündigungsfristen, dem evtl. Verlust der noch vorhandenen
Tarifbindung, etc., je nachdem wie das Arbeitsverhältnis ausgestaltet ist.
Daher sollten Sie dem Verlangen des Arbeitgebers, sich neu zu bewerben nicht wortlos Folge leisten, sondern im Gegenzug vom ihm fordern, Ihnen die beabsichtigten Änderungen Ihres Arbeitsvertrages
schriftlich vorzulegen. Die Entscheidung, ob Sie den Vertrag zu den geänderten Bedingungen fortführen, liegt dann ganz bei Ihnen.
Akzeptieren Sie die neuen Bedingungen nicht, hat der Arbeitgeber aber noch ein Ass im Ärmel, um seinen Willen durchzusetzen. Dieses Ass ist die sog. Änderungskündigung und bedeutet, dass Sie
entweder die Vertragsänderung unterschreiben oder der Arbeitgeber sonst die betriebsbedingte Kündigung aussprechen wird.
Sie haben dann mehrere Möglichkeiten auf die ausgesprochene Änderungskündigung zu reagieren:
- Sie nehmen das Angebot zu den veränderten Bedingungen an,
- Sie lehnen das Angebot ab und akzeptieren die daraufhin ausgesprochene Kündigung,
- Sie nehmen das Angebot unter Vorbehalt an mit gleichzeitiger Erhebung der gerichtlichen Klage auf Feststellung, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder
rechtsunwirksam ist oder
- Sie lehnen das Angebot ab und erheben Kündigungsschutzklage.
Wie Sie sehen, ist das Arbeitsrecht keine Einbahnstraße, sondern ein Gebiet voller Möglichkeiten.
Ein Rechtstipp ersetzt nicht die umfassende Rechtsberatung im konkreten Einzelfall. Mitglieder und solche, die es werden wollen, sind herzlich eingeladen unsere Geschäftsstelle zu kontaktieren.
DJV Rechtstipp Juli 2021 - von Gregor Schwarz
Änderung beim Impressum für Webseiten mit journalistischem Inhalt nötig
Wer eine Internetseite oder einen Social-Media-Kanal außerhalb des rein persönlichen oder familiären Bereichs betreibt, muss auf der Seite ein Impressum vorhalten, das von jedem Unterbereich der
Seite mit mindestens zwei Klicks erreichbar ist. Deshalb bietet sich eine feste Einbindung in der Kopf- oder Fußzeile der Seite an
Welche Angaben im Impressum gemacht werden müssen, richtet sich nach dem Inhalt der Webseite oder des Kanals: Wer dort zumindest auch journalistisch-redaktionelle Angebote bereithält - was bei
unseren Mitgliedern fast immer der Fall sein dürfte - musste bisher eine*n inhaltlich Verantwortliche*n nach § 55 Abs. 2 RStV (Rundfunkstaatsvertrag) angeben.
Ende des Jahres 2020 wurde jedoch der seit 1987 gültige und immer wieder geänderte Rundfunkstaatsvertrag durch den neuen Medienstaatsvertrag (MStV) abgelöst. Der bisher übliche Verweis
„Verantwortliche/r nach § 55 Abs. 2 RStV“ muss daher jetzt auf den neuen Paragrafen des Medienstaatsvertrages geändert werden. Das ist zwar auf den ersten Blick eine reine Formalie, kann aber bei
Nichtbeachtung eine Abmahnung oder ein Bußgeld der Landesmedienanstalt nach sich ziehen. Deswegen sollten alle Webseitenbetreiber hier dringend handeln und ihre Impressen ändern.
Wir empfehlen unseren Mitgliedern daher folgende Formulierung:
Verantwortliche*r nach § 18 Abs. 2 MStV:
Max Mustermann
Musterstraße 1
12345 Musterstadt
An dieser Stelle mag man sich fragen, ob es gerade für freie Journalist*innen in Zeiten sich häufender Beleidigungen oder Anfeindungen wirklich notwendig ist, seine (meist private) Adresse im
Internet anzugeben. Die strenge juristische Antwort lautet hierbei: Leider ja!
Aber: Rechtlich notwendig ist die Angabe einer ladungsfähigen Anschrift, also einer Adresse, an die z.B. eine Klageschrift vom Gericht zugestellt werden kann. Dies kann grundsätzlich auch eine
Firmenadresse sein, sofern sichergestellt ist, dass die*der Webseitenbetreiber*in dort sehr regelmäßig (mehrmals pro Woche) Zugriff auf den Briefkasten hat. Wer keine Firmenadresse hat, kann sich
bei Anbietern wie www.adress-schutz.de eine ladungsfähige Anschrift „mieten“, was allerdings ein paar Euro im Monat kostet.
Über die*den inhaltlich Verantwortliche*n hinaus müssen „geschäftsmäßig“ betriebene Webseiten (und das sind in der Praxis fast alle, die einen beruflichen Kontext haben) auch ein Impressum nach §
5 TMG (Telemediengesetz) aufweisen. Hier helfen bei der Erstellung kostenlose Online-Tools wie z.B.
https://www.e-recht24.de/impressum-generator.html
sehr weiter.
Mitglieder, die sich beim Impressum ihrer Webseite oder ihre Social-Media-Kanals unsicher sind, können sich an unsere Geschäftsstelle wenden. Wir werfen dann gerne einen juristisch geschulten
Blick darauf.
DJV Rechtstipp Juni 2021 - von Astrid Maier
Welche Konsequenzen haben Verstöße gegen ein vertragliches Konkurrenzverbot?
Viele Redakteursverträge enthalten eine Klausel, die der*dem Redakteur*in zwar erlauben, für dritte Auftraggeber tätig zu werden, dies jedoch nur, wenn der Arbeitgeber (schriftlich) zustimmt. An
der Wirksamkeit einer solchen Klausel ergeben sich in den meisten Fällen keine Zweifel. Stimmt der Arbeitgeber nicht, sind Ihnen als Journalist*in insoweit die Hände gebunden, wenn Sie sich nicht
vertragsbrüchig verhalten wollen. Je nach Einzelfall und nach Tragweite des Verstoßes können die Konsequenzen bei Zuwiderhandlung von der Abmahnung bis zur außerordentlichen Kündigung reichen.
Jüngstes Beispiel dieses Szenarios ist das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 15.06.2021 (Az.9 AZR 413/19). In diesem Urteil entschied es, dass ein angestellter Journalist nicht ohne
Erlaubnis seines Arbeitgebers einen Artikel bei einer anderen Zeitung veröffentlichen darf. Der Journalist klagte, weil der Chefredakteur seinen verfassten Artikel um eine Passage kürzte. Weil
das dem Journalist so nicht passte, veröffentlichte er den ungekürzten Artikel kurzerhand bei einer anderen Online-Zeitung, wofür er prompt von seinem Arbeitgeber abgemahnt wurde. Nun kämpfte er
sich durch alle drei Instanzen erfolglos, um die Streichung der Abmahnung aus der Personalakte zu erreichen. Das BAG argumentierte, dass die vertragliche Verpflichtung des Redakteurs, den Verlag
vor einer anderweitigen Veröffentlichung eines Textes um Erlaubnis zu ersuchen, nicht gegen die Berufs- oder Pressefreiheit verstoße, auf die sich der Redakteur berufen hatte.
Eine Klausel zum Konkurrenzverbot ist aber nicht nur in Arbeitsverträgen, sondern oftmals genauso in Redakteursverträgen für Freie zu finden. Auch hier ergeben sich in den meisten Fällen keine
Zweifel an deren Wirksamkeit.
Lesen Sie deshalb Ihre Verträge genau durch und vergewissern Sie sich über die Reichweite Ihrer Konkurrenzfähigkeit, bevor Sie mit Dritten anderweitige vertragliche Verpflichtungen eingehen.
Bei individuellen Fragen können sich Mitglieder gerne an unsere Geschäftsstelle wenden.
DJV Rechtstipp Mai 2021 - von Astrid Maier
Auswirkungen des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes
Wenn wir dem Ausbruch der Corona- Pandemie schon etwas Gutes abgewinnen müssen, dann ist es definitiv die Tatsache, dass sie erhebliche Regelungslücken im Arbeitsrecht aufgezeigt hat, die es nun
nach und nach zu schließen gilt.
Der erste Schritt nach vorne wurde diesbezüglich bereits unternommen: Am 21. Mai 2021 hat der Bundestag das Betriebsrätemodernisierungsgesetz - Gesetz zur Förderung der Betriebsratswahlen und der
Betriebsratsarbeit in einer digitalen Arbeitswelt - beschlossen.
Das Gesetz verfolgt zum einen das Ziel, die Gründung von Betriebsräten zu erleichtern und an der Gründung beteiligte Arbeitnehmer*innen stärker zu schützen. Dabei werden die Schwellenwerte zur
Anwendung des vereinfachten Wahlverfahrens angehoben (von 50 auf 100 Arbeitnehmer*innen) und die Anzahl der Stützunterschriften zur Aufstellung eines Wahlvorschlags gesenkt. In Betrieben mit bis
zu 20 Beschäftigten sollen beispielsweise keine Stützunterschriften für Wahlvorschläge mehr nötig sein, zurzeit sind es zwei. Ferner sollen Arbeitnehmer*innen, die konkret eine Betriebsratswahl
planen, erweiterten Kündigungsschutz genießen.
Zum anderen sieht das Gesetz eine Erweiterung der Mitbestimmungsrechte beim Einsatz künstlicher Intelligenz und bei der Ausgestaltung mobiler Arbeit in Betrieben vor. Durch die Einräumung der
erweiterten Mitbestimmungsrechte erhofft man sich die allgemeine Förderung mobiler Arbeit und die Schaffung einheitlicher Rahmenbedingungen.
Und auch der Betriebsrat selbst soll nun endlich im digitalen Zeitalter ankommen. Betriebsräte sollen von nun an die Möglichkeit erhalten, unter selbst festlegten Rahmenbedingungen Sitzungen
mittels Video- und Telefonkonferenz durchzuführen. Außerdem sollen Abschlüsse von Betriebsvereinbarungen zukünftig mittels qualifizierter elektronischer Signatur abgeschlossen werden können.
Sofern der Gesetzesentwurf von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) auch noch durch den Bundesrat geht, wird das Arbeitsrecht ausgesprochen gut gerüstet sein. Für die nächste Pandemie – oder
was auch immer kommen mag.
Mitglieder, die in ihrem Betrieb einen Betriebsrat gründen möchten, können sich gerne an die DJV-Geschäftsstelle wenden.
DJV Rechtstipp Mai 2021 - von Gregor Schwarz
Können Journalist*innen bevorzugt geimpft werden?
Die Impfkampagne gegen das Coronavirus nimmt immer mehr Fahrt auf. Ergänzend zum medizinischen Personal werden manche Berufsgruppen wie Lehrer*innen, Erzieher*innen oder Polizeibeamte schon seit
Februar bevorzugt geimpft, unabhängig von Alter oder möglichen Vorerkrankungen. Oftmals wurde dabei gefordert, auch Journalist*innen in den Kreis der bevorzugten Berufsgruppen aufzunehmen.
Seit Mo. 19.04. werden in Baden-Württemberg auch Personen der dritten Priorisierungsgruppe (erhöhte Priorität) geimpft. Hierunter fallen Journalist*innen gem. § 4 Abs. 1 Nr. 5 der
Coronavirus-Impfverordnung zumindest dann, wenn sie in besonders relevanter Position in weiteren Einrichtungen und Unternehmen der kritischen Infrastruktur tätig sind, wobei zu letzterer
grundsätzlich auch Medien gehören. Unklar bleibt bisher, was unter „besonders relevanter Position“ zu verstehen ist. Der DJV BW vertritt hier die Ansicht, dass dieses Kriterium zumindest für
diejenigen Kolleg*innen zutrifft, die bei Interview- oder Reportage-Einsätzen einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt sind, zum Beispiel auf „Querdenker“-Demos oder im Bereich des
Blaulichtjournalismus.
Festangestellte Kolleg*innen, die zum genannten Personenkreis zählen, sollten sich daher direkt an ihren Arbeitgeber wenden und um eine Bescheinigung nach § 6 Abs. 4 Nr. 2 der
Coronavirus-Impfverordnung bitten. Mit dieser sollte es dann möglich sein, beim Hausarzt oder in einem Impfzentrum einen Termin zu erhalten, wobei vor der Impfung (nicht jedoch bereits bei der
Anmeldung) die Bescheinigung im Original vorgelegt werden muss. Ob diese dann auch tatsächlich akzeptiert wird, können wir derzeit noch nicht garantieren, da ein Rechtsanspruch auf die
Impfung nicht besteht. Einen Versuch dürfte es aber allemal wert sein.
DJV-Mitglieder die freiberuflich tätig sind, können sich bzgl. der Bescheinigung an die Geschäftsstelle wenden, hierzu erhalten Sie in diesen Tagen auch noch eine Benachrichtigung von uns.
Insgesamt bitten wir aber unsere Mitglieder darum, sich nur dann auf die Ausnahmeregelung zu berufen, wenn dies auch wirklich begründet ist. Schließlich will man ja kein „Impf-Vordrängler“
sein.
DJV Rechtstipp März 2021 - von Gregor Schwarz
Corona-Testplicht am Arbeitsplatz: Darf mein Arbeitgeber einen Schnelltest anordnen?
Massenhaftes und regelmäßiges Testen ist ein wesentlicher Bestandteil der neuen Corona-Strategie mit schrittweisen Lockerungen in Deutschland.
Noch im Laufe des Monats März sollen Schnelltests überall verfügbar sein und jede*r Bundesbürger*in sich sogar einmal wöchentlich kostenlos testen lassen können. Einige Arbeitgeber kommen daher
jetzt auf die Idee, die Rückkehr an den Präsenz-Arbeitsplatz davon abhängig zu machen, dass die*der Arbeitnehmer*in einen negativen Schnelltest vorweist bzw. ein solcher sogar direkt am
Arbeitsplatz durchgeführt wird. Aber kann der Arbeitgeber mich wirklich dazu zwingen, dass ich mich testen lassen? Und was wären mögliche Konsequenzen, wenn ich mich weigere?
Eine klare gesetzliche Regelung gibt es hierzu nicht, auch fehlt es bisher an einschlägiger Rechtsprechung zu dem Thema. Fakt ist aber, dass der
Arbeitgeber eine Fürsorgepflicht gegenüber seinen Mitarbeiter*innen hat, wonach er alles Zumutbare tun muss, um diese am Arbeitsplatz vor Gesundheitsgefahren wie Covid-19 zu schützen. Dazu
gehören in der momentanen Situation nach Ansicht fast aller Experten auch Schnelltests. Andererseits stellt ein „Testzwang“ am Arbeitsplatz auch einen deutlichen Eingriff in die
Persönlichkeitsrechte der Betroffenen dar, denn diese hätten de facto keine Möglichkeit mehr, sich dem Test zu entziehen. Ein echtes Dilemma also, welches die meisten Jurist*innen derzeit mit
einer differenzierten Lösung beantworten: Kann die Arbeitsleistung nur in Präsenz am Arbeitsplatz erbracht werden (z.B. für die*den Moderator*in im Studio, Editor*innen am Newsdesk oder
technisches Personal), dürfte eine Testpflicht zulässig, ja sogar notwendig sein. Weigert sich die*der Mitarbeiter*in hier, einen Test vorzulegen, wäre ihr*ihm der Zutritt zum Arbeitsplatz zu
verwehren. Da dies dann quasi selbstverschuldet wäre, drohen als arbeitsrechtliche Konsequenzen Lohnkürzen oder sogar eine Abmahnung oder Kündigung wegen Arbeitsverweigerung. Wenn man aber nicht
zwingend am Arbeitsplatz anwesend sein muss, dürfte ein Testzwang unverhältnismäßig sein. Hier müsste der Arbeitgeber auch weiterhin die Möglichkeit einräumen, die Arbeitsleistung im Homeoffice
zu erbringen.
Unabhängig davon finden wir es aber generell sinnvoll, bei der schrittweisen Rückkehr an den Präsenz-Arbeitsplatz auf Schnelltests zu setzen und
empfehlen unseren Mitgliedern, diese bei sich durchzuführen bzw. durchführen zu lassen. Wünschenswert wäre es auch, dass die Arbeitgeber mit den Betriebs- oder Personalräten
Betriebsvereinbarungen über Teststrategien am Arbeitsplatz abschließen – wir unterstützen hier ggf. gerne.
Bei individuellen Fragen können sich unsere Mitglieder gerne an die Geschäftsstelle wenden.