Clara-Menck-Stipendium für freien Kulturjournalismus erstmals vergeben
Qualität statt Quantität – diese Maxime der ersten Preisträgerin für ihre Arbeit könnte auch für die Auswahl der Beiträge für das Clara-Menck-Stipendium des DJV Baden-Württemberg insgesamt stehen. Die freie Journalistin Pia Bayer bekommt den Hauptpreis für eine geplante Artikelserie zu Dorfältesten. Auf die erste Ausschreibung dieses neuen Preises für bislang unveröffentlichte journalistische Projekte hatten sich überraschend viele Interessierte mit qualitativ hochwertigen Bewerbungen gemeldet.
Pia Bayer, eine „freie Journalistin aus Überzeugung“, will die ältesten Frauen und Männer in verschiedenen Dörfern befragen und ihren „Schatz an Erinnerungen für die Nachwelt“ bergen und in mehreren Artikeln verarbeiten. Dafür will sie sich Zeit nehmen: „Zeit für Geschichten und für die Menschen, die diese Geschichten ausmachen“, wie es in ihrer Bewerbung heißt. Eine Herangehensweise, wie sie auch die tiefgründige Vielschreiberin Clara Menck sicher befürwortet hätte. Umsetzen will Pia Bayer ihr Vorhaben in Dörfern im ehemaligen deutsch-deutschen Grenzgebiet, zwischen dem südlichen Thüringen und dem nördlichen Bayern, in unmittelbarer Nähe zu Baden-Württemberg.
Ihre Bewerbung fand sofort großen Anklang bei der Jury. Die journalistische Haltung, die Menschen in den Mittelpunkt zu rücken, hat die Jury „sofort begeistert, und das Thema ist sehr aktuell,“ sagt Arianna Menck, einer der Enkelinnen Clara Mencks. Sie bildete die Jury gemeinsam mit der freien Journalistin Julia Schröder und dem baden-württembergischen Antisemitismusbeauftragten Michael Blume.
Stipendium, Sonderpreis, besondere Erwähnung und Finalistinnen
Einen Sonderpreis vergibt die Jury, um das lokaljournalistische Engagement des Magazins „FeuerbachGO“ zu würdigen, das eine Lücke für den Stuttgarter Stadtteil in der Berichterstattung schließen will. „Kommunale Medien sind das Zukunftsthema des Journalismus, und damit für die Demokratie insgesamt,“ sagt der Landesbeauftragte Blume zu dem unterstützenswerten Projekt.
Eine besondere Erwähnung möchte die Jury außerdem aussprechen: Die freie Journalistin Olivia Samnick hat mit ihrer Idee eines zugänglichen Erklärbuchs zum Journalismus das Interesse der Jury geweckt. Eine Idee, die Anklang und hoffentlich auch Abnehmer*innen findet, damit Menschen unterschiedlicher Schichten und Herkünfte auf eine freundliche, einfache Art mit Journalismus in Berührung kommen können. Dies möchte die Jury zumindest mit einer undotierten Empfehlung unterstützen: „Ein interessanter Ansatz mit guter Perspektive“, befindet Julia Schröder für die Jury.
Drei Finalistinnen sollen eine zusätzliche Erwähnung finden, auch wenn andere noch überzeugender waren und die Preise bekommen: Ciani-Sophia Hoeder mit einer geplanten Arbeit über geflochtene Frisuren Schwarzer Menschen in Deutschland, Hella Kemper mit einem geplanten Text über zeitgenössische Poesie und die Arbeitsweise der Lyrikszene heute, sowie eine Arbeit von Brigitte Wenger über samische Kunst des anerkannten Urvolks in Lappland haben die Jury interessiert. Wir hoffen, dass diese Projekte auch ohne die diesmal vergebene Förderung eine Umsetzung finden, und wir noch von ihnen hören – oder besser: lesen – werden.
Preisgeld und Entscheidungsfindung
Das Stipendium wurde erstmals vom DJV Baden-Württemberg ausgelobt, in Erinnerung an die Kulturkritikerin Clara Menck, die auch eine frühe Vorreiterin im Journalistenverband war. Die Familien Menck und Vézon-Daunis haben als Nachfahrinnen das Preisgeld aufgestockt. Daraufhin hatte die Jury entschieden, auch einen Sonderpreis zu vergeben. Dieser ist mit 500, der Hauptpreis mit 2000 Euro dotiert.
Die Jury hat die Entscheidungen einvernehmlich getroffen. Sie tagte unter Vorsitz des DJV-Landesvorsitzenden Markus Pfalzgraf, der die Jurysitzungen technisch leitete, aber keinen inhaltlichen Einfluss auf die Entscheidungen nahm.
Die Preisträgerinnen im Überblick:
- Clara-Menck-Stipendium für freien Kulturjournalismus: Pia Bayer („Dorfälteste“)
- Sonderpreis: Lokaljournalismusprojekt „FeuerbachGO“/ Susanne Müller-Baji
- Besondere Erwähnung: Olivia Samnick (Buchprojekt „Journalismus aufgeräumt“)
- Finalistin: Ciani-Sophia Hoeder (Afrodeutsche Kultur: „Umwobene Identitäten“)
- Finalistin: Hella Kemper (Poesie: „Archive des Zweifels“)